Rezension

Wow

Tell
von Joachim B. Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Unbedingt lesen

Dank Schiller wissen wir alle mehr oder weniger, was es mit dem Schweizer Helden Tell auf sich hatte. Das Bild eines Jungen mit einem Apfel auf dem Kopf, eine Armbrust oder auch die hohle Gasse, die nach Küssnacht führt; irgendwie kommt das doch Vielen bekannt vor.
Was uns jetzt begegnet mit 'Tell' hat das Zeug dazu, dass doch viel mehr Menschen in Zukunft noch deutlich mehr wissen könnten.
Die Geschichte Wilhelm Tells in kurzen Kapiteln aus der Sicht von ca 20 verschiedenen Personen ist mitreißend erzählt. Zum Glück arbeitet Schmidt nicht mit ununterbrochenen Rückblenden, die für mich immer den Fluß der Geschichte unterbrechen, sondern jede kleine Sequenz treibt die Geschichte voran.
Atemlos folgte ich den Geschehnissen, wollte dabei bleiben und bin traurig, dass das Buch nun zuende ist.
Schmidt stellt seinem wortkargen Tell viele starke Frauen zur Seite: Frauen, die Bären verjagen; im richtigen Moment das richtige tun; ihre geschändeten Töchter rächen; ihre Ungeborenen beschützen und auf ihre Art dafür sorgen, dass die Familie Tell weiter lebt und der Hof im Familienbesitz bleibt.
Die Männer kommen zumeist nicht gut weg: viele sind brutal, dumm, hormongetrieben und unmoralisch.Tell selbst macht in der Geschichte eine Verwandlung mit. Erst tut man sich schwer, ihn zu mögen. Am Ende der Geschichte erkennt man seine seelische Not und seine Liebe zum Sohn und zur Familie.
Der Landvogt Gessler ist eine krasse Fehlbesetzung im Amt und macht alles falsch, obwohl er mindestens ahnt, dass er anders auftreten und handeln müsste.
Sie alle bezahlen ihr Verhalten mit dem Leben; mal richtet das Schicksal, mal der Mensch.
Aus meiner Sicht eine ganz klare Leseempfehlung.