Rezension

Interessanter Schreibstil mit unterhaltsamer Schwäche

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum -

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
von Malin Stehn

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die vollständige Rezension findest Du auf meinem Blog auszeit-geschichten.de

Die Autorin verfolgt einen interessanten Ansatz, einen Kriminalroman zu verfassen, der eigentlich keiner ist. Während des gesamten Buches setzt sich der Lesende mit den persönlichen Befindlichkeiten einer der drei Protagonisten in der Geschichte auseinander, während die polizeilichen Ermittlungen nur am Rande der Handlung aufgegriffen werden. Als Lesender taucht man hautnah ein in die Handlungen und Gedankenwelten von Lollo Wiksell, der Mutter der verschwundenen siebzehnjährigen, sowie deren Freunde Carolina und Fredrik Andersson, die zur Silvesterparty der Wiksells geladen sind. Dies gelingt der Autorin dadurch, dass das gesamte Buch und seine Kapitel so aufgebaut ist, dass die Geschichte jeweils aus der persönlichen Sicht einer der oben genannten Hauptfiguren geschildert wird. Malin Stehn greift dabei jeweils auf die Ich-Form zurück. Das bietet die Möglichkeit, tief ins Innere der drei Hauptfigruen zu blicken und nicht nur deren Handlungen und Aussagen wiederzugeben, sondern auch deren Gedanken und Befindlichkeiten eindrucksvoll und glaubhaft zu schildern.

Schreibstil: Der anfänglich etwas gewöhnungsbedürftige Schreibstil, alle Protagonisten in der Ich-Form dargeboten zu bekommen, erweist sich mit zunehmender Seitenzahl als kluger Schachzug der Autorin. Selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem es die Möglichkeit gab, so hautnah und persönlich in die Rollen von gleich drei Hauptdarstellern einzutauchen. Nebenhandlungen sind dadurch jedoch nur schwer bis kaum einzubinden, da es stets der Beobachtung oder Anwesenheit einer der drei Hauptpersonen erfordert. Leider dreht sich das meiste während der Selbstreflektion der drei Charaktere um immer wieder die gleichen Themen, sodass im Laufe der Geschichte nichts Neues zutage kommt.
Handlung: Ein klassischer Kriminalfall, der in Malin Stehns Roman einmal von der anderen Seite beleuchtet wird. Hier ist beim Lesenden keine kriminalistische Ermittlungsarbeit gefragt, sondern die Einfühlsamkeit in die persönlichen Abgründe der Betroffenen. Die Stimmung und Gefühle der Protagonisten kommen im Laufe der Geschichte sehr intensiv zur Geltung, auch wenn die Ausführungen persönlicher Befindlichkeiten gerade im mittleren Teil des Buches für meinen Geschmack zu eintönig und zu flach, gleichzeitig auch etwas zu ausführlich dargeboten werden. Das macht die Handlung zwischenzeitlich etwas träge und ereignisarm.
Charaktere: Zweifellos ist die Ausarbeitung der Charaktere die unangefochtene Stärke dieses Romans. Wie bereits dargelegt, setzt sich die Autorin (und damit auch der Lesende) intensiv mit der Gefühls- und Gedankenwelt der drei Protagonisten auseinander. Dies wird stetig bis ins Detail ausgefochten, birgt jedoch auch die Gefahr der Widerholungen, wie sie in diesem Buch mehrfach vorkommen.
Spannung: Freunde klassicher Krimiliteratur werden mit dem Buch ihre Schwierigkeiten haben. Der Spannungsbogen bleibt meines Erachtens deutlich hinter klassischen Kriminalromanen zurück. Bei “Happy new year” handelt es sich um ein Familiendrama mit Zügen zur Tragödie. Insbesondere im mitteleren Teil leidet der Spannungsbogen doch deutlich, da die Auseinandersetzungen mit den – immer wieder identischen – Gefühlen und Problemen der Protagonisten für meinen Geschmack etwas zu ausführlich geführt werden. Eine parallele Handlung, beispielsweise die eines/r “unbekannten Vierten”, wäre erfrischend und für die Spannung zuträglich gewesen. Das letzte Drittel der Geschichte entschädigt hier jedoch etwas. Ein überraschender Plot-Twist und das zutage fördern jahrelang verschwiegener Geheimnisse sind letztendlich garant für ein aufregendes Finale der Geschichte.

Fazit

Ich fand den Roman sehr unterhaltsam und recht kurzweilig, auch wenn einige Abschnitte – insbesondere im mittleren Abschnitt des Buches – die Geschichte in die Länge gezogen haben. Mit 50 Seiten weniger wäre es auch gut gewesen. Eine unterhaltsame und spannende Lektüre, wenn man auf die psychischen und seelischen Abgründe zwischenmenschlicher Beziehungen steht.