Rezension

Mehr Drama als Thriller

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum -

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
von Malin Stehn

Bewertet mit 4.5 Sternen

Obwohl auf den Cover Roman steht, hatte ich aufgrund der Inhaltsbeschreibung irgendwie doch einen Thriller erwartet. Da ich das Buch nun gelesen habe, würde ich es als Psychodrama oder tragischen Spannungsroman bezeichnen.   

Man landet sofort direkt im Geschehen und bekommt einen guten Eindruck von den Figuren. Die Autorin beschreibt oberflächliche Freundschaften, normale kaputte Familien und die Doppelmoral bei der Beurteilung von Müttern & Vätern bzw. Frauen & Männern messerscharf sowie bewegend.  

Wechselnde Perspektiven und Zeitebenen sorgen für interessante Einblicke sowie anhaltende Spannung. Die an sich alltäglichen Charaktere werden psychologisch interessant präsentiert, denn unterschwellige Feindseligkeiten bahnen sich schleichend ihren Weg an die Oberfläche.  

Nachdem eine Tochter in der Silvesternacht verschwindet, leiden Lollo und Nina unter (unbegründeten?) Schuldgefühlen, sodass sie in Aktionismus verfallen. Die Väter hingegen verhalten sich seltsam, wenn auch auf unterschiedliche Weise... 

Der Schreibstil ist flüssig, lebendig sowie modern. Das Innenleben der Charaktere und das Geschehen werden ungemein eindrücklich sowie lebensecht geschildert. Die beklemmende Stimmung ist regelrecht mit Händen zu greifen. Die Leser*innen erfahren nach und nach was wirklich in der Silvesternach passierte und wie es dazu kommen konnte.  

Nichts ist wie es scheint! Es gibt erschütternde Enthüllungen bis ganz zum Schluss.  “Happy New Year” ist durchweg stimmig: Der Stil passt zur Handlung, die Figuren sind glaubwürdig und die überraschenden Wendungen sind überzeugend - zudem wunderbar bitterböse à la Ironie des Schicksals... 

Für meinen Geschmack werden einige Elemente unnötig in die Länge gezogen bzw. sind redundant. Das spielt wahrscheinlich keine Rolle, wenn man das Buch mit den richtigen Erwartungen angeht - “Happy New Year” ist meiner Meinung nach eher psychologisches Familiendrama und weniger ein Thriller.