Rezension

Packendes Familiendrama auf unterhaltsamen Thriller-Niveau

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum -

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
von Malin Stehn

Bewertet mit 5 Sternen

Während sich die 17 Jahre alte Jennifer von einer Party davon macht, sind ihre Eltern in Feierlaune: Ihre Eltern stoßen mit alten Freunden auf das neue Jahr an. Am nächsten Tag ist es nicht nur der Anfang eines neuen Jahres, sondern ein wahr gewordener Albtraum beginnt.

„Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ ist ein Psychothriller von Malin Stehn, der auf alte Freundschaften und familiäre Bande baut, und somit im Rahmen des Alltäglichen bleibt, wo er grandios zu unterhalten weiß.

Thriller sind oft so eine Sache. Sie erscheinen wie Sand am Meer und oftmals erweist sich manch spannender Klappentext als Standardprozedere im Genretakt. Mich hat „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ sofort neugierig gemacht, weil es nach handfester Thriller-Unterhaltung klingt. Doch als dann die ersten Rezensionen dazu aufgetaucht sind, wurde ich etwas skeptisch. Von zu vielen Figuren war die Rede und dass es zu sehr in Richtung Familiendrama geht. Dann habe ich mich selbst auf die Silvesterparty mit Lollo, Nina und Malena gewagt und habe ordentlich Thriller-Spaß gehabt!

Im Mittelpunkt der Handlung stehen zwei Familien, wie es schon der Titel ankündigt. Verbunden sind diese durch die alte Freundschaft der Frauen, welche seither - wenn in den letzten Jahren eher lose - den Kontakt halten.

Lollo ist begeisterte Innenraumgestalterin, betreibt ein Geschäft und führt den dazugehörigen Blog. In ihrem Leben sind Stil, Eleganz und äußere Perfekt zentral. Sie ist eher der Typ, der sich im Schein verliert, statt hinter die Kulissen zu blicken. Genau dieser Wahl entspricht ihr Mann Max, der als Immobilienmakler auf Erfolg und Geld getrimmt ist, und mit einer ähnlichen Einstellung sein Leben führt.

Im Gegensatz dazu haben wir Ninas Familie, wo es oberflächlich laut und lustig zugeht, drei Kinder für ordentlich Abwechslung sorgen, doch das fehlende Geld in der Kasse den den Alltag mühselig macht.

Trotz der Gegensätze ist die gemeinsame Silvesterfeier der Familien Tradition und als Leser ist man von Anfang an dabei. Es wird gelacht, getrunken, geschäkert und getanzt. Unsympathische Züge der anderen schiebt man zur Seite und allesamt versuchen zumindest, Spaß und Freude am gemeinsamen Gelage zu haben. 

Aber schon hier merkt man, dass etwas nicht stimmt. Nicht alle fühlen sich wohl, während die Teenie-Mädchen der Familien am anderen Ende der Stadt ebenfalls eine gemeinsame Party schmeißen.

Das furchtbare Erwachen folgt am nächsten Tag: Lollos Tochter Jennifer ist verschwunden und niemand weiß, wohin oder wie das passiert ist. Wobei, manch einer schon passende Vermutungen und sogar ein schlechtes Gewissen hat. 

Mir hat die Darstellung des freundschaftlichen Geplänkels ausgezeichnet gefallen. Es ist nun mal so, dass sich Menschen auseinander entwickeln, sogar wenn sie über Jahrzehnte befreundet sind. Dazu gehört, dass man über manches hinweg sieht, weil Freundschaft eben stärker ist. 

Nach der Beschreibung der schillernden Silvesternacht, nachdem man ein erstes Gefühl für die Figuren bekommen hat, folgt der ernüchternde Neujahrstag. Der Kopf dröhnt, der Kater maunzt und die 17-Jährige Jennifer ist weg.

Aus einem ersten Unwohlsein wird ein drängendes Gefühl, nachdem das Mädchen weder auftaucht noch ans Handy geht. 

Daraus entwickelt sich ein spannendes Drama, in dem sich Verwicklungen und Geheimnisse der letzten Jahrzehnte aus den Tiefen der Vergangenheit wühlen. Emotionen schaffen sich ihren Raum, Verdächtigungen werden ausgesprochen, Gift gespritzt und Mitgefühl geheuchelt. 

Dabei denkt man beim Lesen, dass man schon grob ahnt, was da geschehen ist. Eine Figur macht deutlich, dass sie mehr weiß, und stößt damit Vermutungen an, die in ein großartiges Ende führen. Der Plot ist exzellent ausgedacht! 

Mir hat „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ richtig gut gefallen. Es ist fesselnd geschrieben, schwenkt zwischen den überschaubaren Figuren, lädt in den Alltag und die Emotionen der Familien ein und belohnt mit einem Schluss, den ich so nicht erwartet habe.

Wer gut durchdachte Thriller mag und mit zwei unterschiedlichen Familien den Albtraum eines neuen Jahres erfahren will, hat damit ein spannungsvolles Drama bei der Hand.