Rezension

Auch alte Strickmuster können funktionieren – müssen aber nicht.

Going Zero -

Going Zero
von Anthony McCarten

Bewertet mit 3 Sternen

Kurzmeinung: Es wäre mehr drin gewesen, wenn der Roman alle Charaktere richtig ausgefeilt hätte oder bei seinem Anfangsthema geblieben wäre.

Ein Informatiker namens Cy Baxter stellt eine Challenge vor: 10 Menschen in den USA, repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ausgewählt, sollen sich mit Beginn des Befehls „Go Zero“ digital so unsichtbar machen, dass sie mit den von ihm entwickelten Überwachungstools nicht mehr aufgespürt werden können. Sie haben zwei Stunden Vorsprung und falls sie 30 Tage lang von Cy Baxter mit seinen Tools nicht aufgespürt werden können, bekommen sie 3 Millionen Dollar Preisgeld. Ein ungeheurer Anreiz. Für Cy hängt eine Menge vom Erfolg dieser Challenge ab, denn er strebt mit seiner expandierenden Firma eine enge Zusammenarbeit mit der CIA an.

Der Kommentar: 
Das alte Strickmuster der in diesem Falle zum Glück nur digitalen Jagd - auf die zehn Teilnehmer funktioniert am Anfang durchaus, weil es halt immer funktioniert, wenn unsere Uninstinke angesprochen werden. Ob wir in Detektivgeschichten einen Verbrecher jagen oder man in den Hunger Games einander aufspürt und einander ausschaltet oder ob man mit Farbpistolen aufeinander schießt, Jagd bleibt Jagd. Und Jagd punktet.
Freilich bedient der Autor alle Klischees, die derartigen Geschichten innewohnen: man hat einen taffen Aussenseiter, der die Jäger überrascht, es gibt Unterstützer und Verräter. Dennoch baut sich mithilfe der unerwarteten Wendung eine gewisse Spannung auf. Allerdings ist die Sprache von Going Zero zu direkt oder zu plump und die Dialoge zu langweilig, um wirklich zu überzeugen. Es fehlt Schlagfertigkeit und Witz. Die neun weiteren Spielsteine auf dem Feld, neben dem krassen die Jäger verblüffenden Aussenseiter, haben ausserdem zu wenig Gewicht und zu wenig Gesicht, sie hätten erheblich mehr Potential gehabt. Wenn sich die Geschichte auf diese weiteren Mitspieler konzentriert hätte und ihnen mehr Spielraum eingeräumt hätte, wäre die Jagd sicher spannender geworden. Im zweiten Teil des Buches wird die Suche aber auf einen neuen, ebenfalls recht gesichtslosen Gegenstand verlagert; das schwächt in meinen Augen das Ganze erheblich. 

Und natürlich ist die Moralkeule zu offensichtlich: ein Überwachungsstaat taugt nichts und man muss sich dagegen wehren. 

Fazit: Eine Jagd ist eine Jagd ist eine Jagd. Funktioniert immer. Wenigstens am Anfang. Aber das wars dann auch schon fast. Die Verlagerung auf eine neue Suche hat dem Roman mehr geschadet als genutzt und war - wie ich finde - extrem langweilig.

Kategorie: Spannungsliteratur
Verlag: Diogenes, 2023