Leserunde

Leserunde zu "Singe ich, tanzen die Berge" (Irene Solà)

Singe ich, tanzen die Berge -

Singe ich, tanzen die Berge
von Irene Solà

Bewerbungsphase: 11.03. - 24.03.

Beginn der Leserunde: 06.04. (Ende: 27.04.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Trabanten Verlags – 20 Freiexemplare von "Singe ich, tanzen die Berge" (Irene Solà) zur Verfügung. Eine Leseprobe zum Buch findet ihr hier

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

ÜBER 90.000 VERKAUFTE EXEMPLARE ALLEIN IN SPANIEN

»Singe ich, tanzen die Berge« ist ein Buch von wilder Schönheit, eine Fabel und mystische Symphonie, in der sich die Realität mit Legenden und Aberglauben vermischt.

Gewitterwolken schürfen über den Rücken der Pyrenäen und ein Blitz erschlägt den dichtenden Bauern Domènec, dessen junge Frau Sió mit ihrem Schwiegervater und ihren Kindern allein zurückbleibt. Doch das Leben geht weiter. Teilnahmslos beobachten die Berge das Werden und Vergehen derer, die dort leben.

Die junge katalanische Schriftstellerin Irene Solà, die für diesen Roman 2020 mit dem Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, erschafft und belebt eine vielstimmige und poetische Welt, erzählt durch starke Frauen und mystische Stimmen von Großeltern, Eltern, Kindern, Tieren, Geistern, dem Wald und den Wolken. Sie alle bilden diese Geschichten, die auf eine schöne und magische, aber auch tragische Art und Weise miteinander verbunden sind. Alle vereint im Kreislauf von Geburt, Leben und Tod. Solà erzählt die Geschichte der Berge, die die Erinnerung an Jahrhunderte, an geologische Epochen, politische Konflikte und die Verbindung mit der Natur umfasst.

ÜBER DIE AUTORIN:

Irene Solà wurde 1990 in Malla geboren, einem Dorf mit ein paar hundert Einwohnern in der Nähe der Stadt Vic, in der Provinz Barcelona. Sie studierte an der Akademie der Künste in Barcelona und hat einen Master-Abschluss in Literatur, Film und visueller Kultur. Im Jahr 2012 veröffentlichte sie den Gedichtband Bèstia, 2017 folgte ihr erster Roman Els dics. Mit ihrem zweiten Roman, Canto jo i la muntanya balla ("Singe ich, tanzen die Berge"), wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Europäischen Literaturpreis 2020. Derzeit wird der Roman weltweit in über 21 Sprachen übersetzt.

30.04.2022

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94

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alasca kommentierte am 07. April 2022 um 01:27

Solá ist oft auch witzig. Der hellsichtige Amtmann mit seiner Tochter, die ihn um den Finger wickelt. (Sie bekommt ihren Metalldetektor.) Der herablassende Städter mit seinen Klischees vom Landleben. Der überhaupt nicht schnallt, was für eine Tragödie sich im Dorf abgespielt hat - für ihn ist alles ein Schauspiel. Der städtische Feingeist: Die Kulisse, so sieht er die Berge und ihre Menschen. Schön ironisch.

Beim Kapitel um Hilari, Die Poesie, weiß ich nicht so recht, wie ich das einordnen soll. Vor allem das Gedicht für Palomita kommt mir so unangemessen lustig vor - der Stumpf wie Blumenkohl *schluck*, wie wir erfahren, verliert sie ja ein Bein. Heiter wie Brot. Hilari, der Heitere, der Name ist offenbar Programm. Insgesamt ein bisschen rustikal, Hilari. Na ja. Ist natürlich auch schwierig, sowas zu übersetzen. Germá heißt übrigens Bruder. Ich habe eine Seite gefunden, die Katalan ganz ordentlich übersetzt. Nicht alle Webseiten, die das anbieten, können das auch. 

https://de.glosbe.com/ca/de

Das Brüderlein aller vermischt die Zeit des Bürgerkriegs mit der Gegenwart - Hilari ist als Geist der Bruder aller (toten) Kinder geworden, die sich einen Bruder wünschen. Hab ein bisschen gebraucht, bis ich das verstanden habe. Leben und Tod, Gegenwart und Vergangenheit gehen komplett durcheinander. Eva, genannt Palomita, Täubchen. Ist Palomita ein Geist oder lebt sie? Ich vermute, sie lebt, denn warum sollte ein Geist auf Krücken gehen? Oder? Anrührende Geschichte. 

Warum frisst der Geist von Doménec Erde? Und warum ist er so verhärmt? Wie ein Mönch aus einem Büßerorden. Solás Geister unterliegen physischen Gesetzen, als seien sie noch lebendig. Seltsam auch, dass Hilari nicht versucht, zu seinem Vater Kontakt aufzunehmen; möglich wäre das ja offenbar. Stattdessen beobachtet er ihn aus dem Gebüsch und holt noch Palomita dazu. Wie interpretiert ihr das?

Es gibt reichlich zu denken in diesem LA. 

 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
lillywunder kommentierte am 10. April 2022 um 10:27

Ich finde die Eigennamen in dem Buch alle wunderschön, sowohl die der Personen als auch die Orte, die Namen für die Häuser etc., so ein schöner Klang.

Ich konnte auch manches in dem Abschnitt nicht richtig einordnen, ob Palomita auch gestorben ist zum Beispiel, und ob es einen Hintergrund hat, dass Doménec die Erde isst... In diesem Buch könnte ich mir sowohl vorstellen, dass Geister auf Krücken gehen, als auch dass Lebende mit Toten Kontakt aufnehmen...

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La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:29

In diesem Buch könnte ich mir sowohl vorstellen, dass Geister auf Krücken gehen, als auch dass Lebende mit Toten Kontakt aufnehmen...

Oder dass die Toten als Geister weiterleben, solange die Lebenden sie nicht vergessen.

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:19

Auf mich wirkte die Szene mit Hilari und seinem Vater so, als tte er ihn gerade erst entdeckt und wollte Palomita teilhaben lassen. Ich bin gespannt, ob er ihn noch ansprechen wird... Er wirkt jedenfalls ein wenig verwildert. Da aber Hilari sein poetische Talent von seinem Vater hat, findet er vielleicht darüber einen Zugang zu ihm? Das wäre schön.

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:19

Stimmt, diese Arroganz des Städters und seine reine Ego - Bezogenheit wurde richtig gut heraus gearbeitet. Viele verhalten sich leider immer noch so.

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La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:27

Die Kulisse - sehr geschickt, zuerst das harte Leben auf dem Land darzustellen, ansonsten wär die naive Arroganz des Städters gar nicht so sehr ins Gewicht gefallen.

Eva ist für mich im Krankenhaus gestorben, daher wurden nur ihre Brüder abgeholt, der verstorbene Vater ging nicht mit ihr zurück. Sie verkörpert für mich eine Art kindliche Leichtigkeit, der Tod ist für sie nicht das Ende. Warum Hilaris Vater nun Dreck frisst - vielleicht kommt er mit dem Tod nicht klar, weil er bereits zu erwachsen war damals, als er starb?

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SKANDINAVISCHELESERIN kommentierte am 07. April 2022 um 11:40

Puh, also dieser Abschnitt fordert den Leser doch sehr und ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Übersetzung an allen Stellen so optimal gelingen ist. Es gibt doch einzelne Passagen in denen mir die Wortwahl sehr rustikal und manchmal auch etwas unangebracht erscheint. Hier stolpere ich dann beim Lesen doch sehr darüber.

Auch ist dieses Buch künstlerisch sehr verflochten, strotzt nur so vor Kreativität, welche sich durch Raum und Zeit vermischt und mir durchaus zu denken gegeben hat.
Denn einfach zu verstehen ist dieses Buch finde ich nicht. Dadurch dass Tote aus Geistersicht sprechen und die Natur sich stetig in den Erzählfluss begibt.
Für mich ist dieses Buch nicht richtig greifbar, ich finde es nicht schlecht. Frage mich aber dennoch oft, was mir die Autorin hier sagen möchte. Ich weiß einzelne Passagen sehr zu schätzen, hier könnt die Sprachkraft und die Tiefe gut zum Ausdruck und dennoch hat mich persönlich die Begeisterung noch nicht so richtig packen können.

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Pusteblümchen kommentierte am 09. April 2022 um 19:49

Ich finde es auch nicht einfach zu verstehen und trotzdem fasziniert es mich irgendwie.

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alasca kommentierte am 10. April 2022 um 22:35

"Denn einfach zu verstehen ist dieses Buch finde ich nicht. Dadurch dass Tote aus Geistersicht sprechen und die Natur sich stetig in den Erzählfluss begibt.
Für mich ist dieses Buch nicht richtig greifbar, ich finde es nicht schlecht."

Ich glaube, allzu kognitiv sollte man an den Text nicht herangehen; über die Verstandesebene kriegt man nicht den Zugang. Ich empfinde ihre Verwendung von Sprach- und Stilmitteln als sehr spielerisch und intuitiv, sehr emotional, und ganzheitlich (keine anthropozentrische Sicht). Über die Gefühlsebene geht es vielleicht besser (was empfinde ich bei dem Sprachbild, bei der Sichtweise) oder auch assoziativ? Einfach ist es nicht, das sehe ich auch so. 

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Myrna kommentierte am 10. April 2022 um 23:30

Das empfinde ich ebenso. Mir wurde sehr schnell klar, dass ich dieses Buch noch mehrmals lesen muss, um ganz hinein zu finden und es zu verstehen.

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:23

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Autorin auf ihre Weise zeigen möchte, wie klein und unbedeutend ein Menschen- oder Tierleben ist. Wie wenig wir zum Lauf der Dinge beisteuern können, weil einfach SO VIEL miteinander zusammenhängt und weil die Natur einfach ihr Ding macht - egal welche Befindlichkeiten ein einzelner Mensch hat. Das ist sooo spannend! Das könnte ein Buch zur Klimakrise auf hohem Niveau sein.

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:21

Stimmt, diese Vermischung von Raum und Zeit ist auch etwas, was mich sehr beschäftigt bei diesem Buch.

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buechertraumzeiten kommentierte am 16. April 2022 um 10:19

Ich kann sagen, dass die Übersetzung nicht zu 100% an das Original ran kommt, aber die Kernaussagen werden trotzdem gut rübergebracht.

Ein sehr intensiver Teil, der mich echt sehr berührt hat und an manchen Stellen aber dennoch etwas fern wirkte..

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darkola77 kommentierte am 18. April 2022 um 19:59

Ich habe mich während der Lektüre bereits ebenfalls mehrmals gefragt, wie es sich mit dem Originaltext und der Übersetzung wohl verhalten mag - und das auch, weil ich meine, an einer Stelle einen Fehler in der Übertragung entdeckt zu haben:

Wie sein Vater dichtet auch Hilari, erschafft wunderschöne Poesie. Und Teil seines Schaffens ist: "Nie halte ich sie [= die Verse] auf Papier fest. Um sie nicht zu töten." (S. 72)

Einige Seiten weiter können wir über Hilaris Wohlgefallen daran lesen, Gedichte für bestimmte Personen zu erschaffen: "Ich finde es angenehm, zu schreiben und dabei an eine Person zu denken, das ist wie ein Geschenk." (S. 78-79)

"Schreiben" erscheint mir mit Blick auf die Ausführungen zu der ausschließlichen Mündlichkeit seiner Gedichte nicht zutreffend übersetzt zu sein - ich vermute, im Original wird es wohl eher "dichten" heißen..

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Myrna kommentierte am 08. April 2022 um 01:24

Nachdem ich jetzt den zweiten Abschnitt gelesen habe, muss ich sagen, das muss ich sicher nochmal lesen. Schwierig, es ist nicht alles sofort zu verstehen.

Durch den Amtmann finden sich hier wieder Erzählungen zum Bürgerkrieg - mich würde dabei mal interessieren, was seine Tochter so an den Kriegswaffen fasziniert, dass sie regelrecht auf die Suche gehen will. Auch über das Leben im Dorf erfährt man durch den Amtmann.

Dann erfährt man, dass Hilari bei einem Jagdunfall ums Leben kommt - wobei mir der Gedanke kam, ob die jungen Leute wohl zu unerfahren und fahrlässig an diese Jagd rangegangen sind?

Faszinierend fand ich, wie das Reh von seiner eigenen Geburt und seinem Leben spricht...

Und an einigen Stellen ist hier die Sprache so unverblümt, dass man sich fragt, ist das so gewollt? Und wenn ja, warum?

Der Abschnitt über Herkules brachte mich auch zum Staunen.

"Die Kulisse" - das ist der passende Titel für das, was die Autorin da erzählt. Es ist schon heftig, wie ein Großstadtmensch dort in dem Bergdorf auf die Einwohner wirkt... Er genießt die landschaftliche Schönheit, wirkt aber recht unsensibel...

"Die Poesie" - darüber muss ich mir erstmal in Ruhe Gedanken machen. Ich finde diesen Abschnitt aber sehr schön.

Und dann schließlich Hilari und Palomita. damit muss ich mich auch noch beschäftigen, um das richtig zu begreifen.

Sehr anspruchsvoll, dieses Werk - aber faszinierend!

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lillywunder kommentierte am 10. April 2022 um 10:34

Ich denke schon, dass es beabsichtigt ist, dass die Sprache so "unverblümt" ist, wie du schreibst... Geborenwerden, Leben, Lieben, Leiden, Sterben, das wird teilweise sehr roh dargestellt, sehr nah an der Natur...

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lillywunder kommentierte am 10. April 2022 um 10:34

Ich denke schon, dass es beabsichtigt ist, dass die Sprache so "unverblümt" ist, wie du schreibst... Geborenwerden, Leben, Lieben, Leiden, Sterben, das wird teilweise sehr roh dargestellt, sehr nah an der Natur...

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alasca kommentierte am 10. April 2022 um 22:36

"Und an einigen Stellen ist hier die Sprache so unverblümt, dass man sich fragt, ist das so gewollt? Und wenn ja, warum?"

Ja, ich glaube, das ist Absicht. Der Kanon der Stimmen vereint alle Tonarten, zart, hart, grob, sanft ... 

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:13

Ich finds grade toll, mich auf die Suche zu machen nach den feinen Fäden und Verbindungen zwischen den Geschichten :) Ich mag das voll! Alles verstehen wäre bei so einem Buch anmaßend - aber bissl Detektiv spielen finde ich toll :D

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Tara kommentierte am 13. April 2022 um 21:50

Die Verknüpfungen sind wirklich nicht immer ganz offensichtlich und das finde ich sehr reizvoll.

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alasca kommentierte am 16. April 2022 um 13:28

"Alles verstehen wäre bei so einem Buch anmaßend"

Nun finde ich persönlich ja Ehrfurcht gegenüber welcher Autorin auch immer unangebracht - es ist ihr Job zu schreiben, den macht sie gut. Aber das tut auch die Kassiererin beim Lidl, wenn sie im Affentempo die Ware über den Scanner zieht und alle Nummern auswendig weiß - kurzum, ich relativiere das. Respekt vor dem Handwerk, der Kreativität, aber Verehrung, niemals. 

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:22

"Faszinierend fand ich, wie das Reh von seiner eigenen Geburt und seinem Leben spricht..."

 

Mich hat dieses Kapitel auch sehr berührt und war auf jeden Fall mein Liebling im zweiten Leseabschnitt.

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Lesehummel kommentierte am 08. April 2022 um 11:08

Mir fällt es irgendwie ganz schwer in Worte zu fassen, was dieser Leseabschnitt mit mir gemacht hat - aber das Kapitel mit dem Reh hat mich komplett umgehauen. Wäre das Reh am Ende des Kapitels gestorben, ich hätte bestimmt geweint. Es ist unglaublich, wie die Autorin auf dieser gerade einmal 6 Seiten kurzen Geschichte so eindringlich und bildlich schreibt, der Natur so eine starke Individualität einschreibt und dem Kitz so eine greifbare Persönlichkeit einverleibt. Ich finde das Buch sehr betörend, auch wenn ich leider nicht alles so richtig verstehe und es mir immer schwieriger fällt, den Überblick zu behalten - und ich lese deshalb total gespannt eure ganzen Interpretationen!

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Myrna kommentierte am 08. April 2022 um 12:47

Ich gebe Dir recht - wäre das Reh gestorben, hätte mich das auch sehr traurig gemacht!

Was mir dabei auch durch den Kopf ging: Wie mag das wohl ein menschliches Baby empfinden, im Mutterleib kurz vor der Geburt?

Was einem bei diesem Buch alles in den Kopf kommt an Gedanken, das ist schon faszinierend...

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lillywunder kommentierte am 10. April 2022 um 10:56

So ging es mir auch mit dem Reh-Kapitel, ich habe total mitgefühlt und so sehr gehofft, dass es ein gutes Ende nimmt... Beeindruckend, wie die Autorin das hinbekommen hat...

Ich fänd es auch etwas einfacher zu lesen, wenn man z.B. eine einzelne Familie über mehrere Generationen begleiten würde, sodass man nicht den Überblick verliert, wer mit wem in einem Zusammenhang steht...

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wandagreen kommentierte am 21. April 2022 um 10:06

Und trotzdem essen die meisten Leute völlig ungerührt ihr Steak  - oder auch ihren Rehbraten.

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:24

Ohja, der Rehbock!! Wunderwunderschön <3

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:24

Mich konnte die Autorin mit der Reh - Geschichte auf jeden Fall auch richtig einfangen. Für mich meine Lieblingsgeschichte im zweiten Leseabschnitt.

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oOoLeoOo kommentierte am 08. April 2022 um 18:25

Ich bin nach diesen Kapiteln etwas in Verwirrung geraten ob Hilari und sein Vater tot sind und als Geister wieder auftreten oder ob diese Kapitel zeitlich vor den Toden einzuordnen sind.
Sind Palomita und die Frauen dann auch Geister? Und die, die zurückgewandert kommen?
Falls nicht stellt sich mir die Frage warum ein körperlich eingeschränktes Kind allein im Wald wohnt, statt mit den Brüdern bei den Großeltern zu wohnen. Wie habt ihr das verstanden?

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lillywunder kommentierte am 10. April 2022 um 10:58

Ich habe es so gelesen, dass Hilari und sein Vater tot sind, es also von einer Zeit erzählt, nachdem beide gestorben sind...

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alasca kommentierte am 10. April 2022 um 22:37

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass alle, die du nennst, Geister sind. 

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:17

In der Geistergemeinschaft treffen viele Generationen an Geistern zusammen - Zeit spielt keine Rolle mehr. So verstehe ich das auch.

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La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:33

So verstehe ich es auch, die Zeit ist in der Geisterwelt relativ und die Geister altern nicht mehr.

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Tsubame kommentierte am 09. April 2022 um 11:25

Im 2. Teil machen wir einen Zeitsprung und verabschieden uns von zwei weiteren Migliedern des Hauses Matavaques: Hilari, versehentlich auf der Jagd erschossen von seinem besten Freund Jaume, der alte Ton schon seit Jahren tot.

Weitere skurrile Figuren treten auf wie Christina, die Tochter des Amtmanns, die mit bloßen Händen Granaten entschärft und sich von ihrem Vater einen Metalldetektor wünscht, ein belesener Tourist aus Barcelona, für den das Dorf und seine Bewohner reine Kulisse sind, wie Figuren aus einem seiner Bücher, der sich aber dennoch ärgert, dass man ihm nichts zu essen verkaufen will. "Damit ich nicht verhungere" (S.70) 

Das Kapitel "Die Poesie" war wieder ganz anders. Hilari, inzwischen tot, dichtet wie sein Vater (nur mündlich). Lustig fand ich die Idee, dass er sich selbst ein Gedicht 'geschrieben' hat. Und hier taucht auch die Zeile auf, die dem Buch seinen Titel gegeben hat: "Singe ich, tanzen die Berge" Und bevor er ansetzt, das "Gedicht für meine Mutter zu rezitieren, macht er erst noch eine bedeutungsvolle Pause ("Ich lasse Raum zum Atmen"). Ich fand das echt humorvoll!

Palomita gibt mir noch einige Rätsel auf. Ist sie tot? Weilt sie noch unter den Lebenden? In diesem Roman vermischt sich wirklich alles.

Und der Rehbock ... hat nochmal Glück gehabt! Wie schön!

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:26

Ich denke, dass das der Rehbock war, den Hilari und Jaume schießen wollten. Und er hat nur überlebt, weil der Schuss leider "daneben ging" und den "Falschen" traf...

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:28

Das klingt jetzt hart, aber wer auszieht, um Tiere zu ermorden, muss sich nicht wundern, wenn er das nicht überlebt.

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:26

"Und der Rehbock ... hat nochmal Glück gehabt! Wie schön!"

Das hat mich auch total gefreut. Niemand hat das Recht Tiere ermorden zu wollen.

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La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:36

Vor allem muss man sich mal den Irrsinn verdeutlichen, der hinter der Aussage "Damit ich nicht verhungere" steckt im Vergleich dazu, dass tatsächlich grad ein Mann verstorben ist. Als wenn man durch ein wenig Hunger gleich stürbe. An Egozentrik und Empathielosigkeit kaum zu überbieten.

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Pusteblümchen kommentierte am 09. April 2022 um 19:48

Das Buch ist sehr fordernd und ich finde es schwierig das Gelesene in Worte zu fassen.

Mir erschließt sich bisher leider auch nicht immer, wer lebt und wer nicht. Was ist mit Hilari und seinem Vater ? Und was mit Palomita ?

Ich hoffe, dass sich so einiges lichtet, wenn ich einfach weiterlese.
 

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LySch kommentierte am 13. April 2022 um 21:16

Hilari ist erschossen worden und gehört nun zur Geisterwelt. Als dich tender Geist ^^ Seinen Vater hat er bisher nur beobachtet in der Geisterwelt... Auf mich wirkt es so, als hätte er ihn gerade erst dort entdeckt. Palomita ist schon länger verstorben, so habe ich es verstanden. Sie ist nun Hilari kleine Geisterschwester.

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LySch kommentierte am 13. April 2022 um 21:19

Eine liebe Bücherfreundin von mir hat gute Erfahrungen gemacht mit dem "Einfach-Weiterlesen" :) Locker an das Buch rangehen soll gut funktionieren :)
Mir hat es geholfen, ein wenig zur spanischen Geschichte zu recherchieren (auf Bpb.de zB), weil immer wieder Republikaner und Flüchtlinge auftauchen...

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Pusteblümchen kommentierte am 13. April 2022 um 21:39

Danke, das mit dem Weiterlesen hat ganz gut funktioniert.

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Birte kommentierte am 10. April 2022 um 16:37

 

Zunächst einmal,finde ich es prima, dass die Leseabschnitte den Abschnitten im Buch folgen. Anders wäre es schwierig. 
 

Dieser Abschnitt vereinigt wieder, wie der erste, Geschichten, die alle aufeinander Bezug nehmen. Der Amtmann, der den Jagdunfall erahnt (oder sich beim Tag Revue passieren lassen fragt, wann es genau passiert?), die Beerdigung, bei der der Tourist anfangs nur auf den miesepetrigen Nachbarn Rei stieß, der Rehbock, der vermutlich von der Patrone erschossen werden sollte, die Hilari traf, und schließlich Hilaris auftauchen unter den Geistern. 
 

Ich vermute, dass Palomita schon länger tot ist, denn bislang hatte ich nicht den Eindruck, dass die im ersten Leseabschnitt geschilderte Geschichte während des Bürgerkriegs spielte.

Gewöhnungsbedürftig sind die gleichzeitig erzählten, aber verschiedenen Zeitebenen. Und damit die Verflechtung aller Geschichten. Aber mit Blick auf den Klappentext ist genau das ja wohl auch Intention der Autorin: "Alle vereint im Kreislauf von Geburt, Leben und Tod."

Wie hier schon geschrieben wurde - ich finde es spannend, hier die verschiedenen Gedanken zum jeweiligen Abschnitt zu lesen. Und finde es schon auch faszinierend, wie im ersten Abschnitt das Buch hochgelobt wurde, sich nach dem zweiten aber eher Verwirrung breit macht.

Ich denke, die Berge sind der Schlüssel - wenn man solange existiert, ist zwischen Pyrenes Flucht, der Hexenverbrennung und dem Bürgerkrieg ja kaum Zeit vergangen - und wenn die Geister der Vergangenheit durch die Berge gehalten werden, passiert ja vieles auch gleichzeitig.

 

Bin gespannt, ob wir im nächsten Abschnitt wieder etwas von Sío lesen, oder ob vielleicht Mia zu Wort kommt - und mit welcher Stimme die Natur diesmal spricht.

 

 

 

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alasca kommentierte am 10. April 2022 um 22:39

"Ich denke, die Berge sind der Schlüssel - wenn man solange existiert, ist zwischen Pyrenes Flucht, der Hexenverbrennung und dem Bürgerkrieg ja kaum Zeit vergangen - und wenn die Geister der Vergangenheit durch die Berge gehalten werden, passiert ja vieles auch gleichzeitig."

Zu dem Schluss bin ich auch gekommen. Nur das ergibt irgendwie Sinn.

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:15

Ich finde, der "rote Faden" ist in diesem Buch mehr wie eine Vogelperspektive... Man zoomt immer weiter raus, erkennt mehr und mehr die Verbindungen über die Jahrhunderte, zwischen den Lebenden und den Toten, zwischen dem Mensch und der Natur. Das finde ich echt gelungen, ganz große Kunst!

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Tara kommentierte am 13. April 2022 um 21:48

Ja, das ist wirklich großartig gemacht und ich habe noch nie etwas Ähnliches gelesen, von daher begeistert es mich total obwohl ich wirklich nur langsam mit dem Buch vorankomme.

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:30

"Gewöhnungsbedürftig sind die gleichzeitig erzählten, aber verschiedenen Zeitebenen. Und damit die Verflechtung aller Geschichten."

Da hast du recht, mir geht es genau so.

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La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:41

Ich gehe davon aus, dass Eva rund 50 Jahre vor Hilari verstarb. Ob die "Waschweiber" am Fluss, denen sie begegnet, Geister sind, da bin ich mir nicht sicher. Als Hilari jung war wollten sie doch die Flussfrauen finden, ob das diese Frauen waren?

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LySch kommentierte am 12. April 2022 um 00:12

OK, ich komm nur super langsam mit diesem Buch voran, aber hey: Es ist perfekt so!

Das ist für mich absolut kein Buch zum Durchrauschen - ich lese noch langsamer als eh schon und finds klasse. Ich sauge jedes Wort auf, lese Sätze nochmal und mache mir Notizen/ schreibe Zitate raus. Und was soll ich sagen? Ich LIEBE dieses Buch! Ich hätte nie gedacht, dass es mich so derart begeistern wird (im wahrsten Sinne des Worte, hihi!)

Ich mag das Spiel mit den Zeiten (zuerst die Hexen, nun der Amtmann und der Tourist, beide eher modern), ich mag den Tiefgang der Geschichten, indem Geschichte verwebt wird. Die vielen Ebenen, die feinen Fäden und Verbindungen. Überall stecken Hinweise, man muss "vorsichtig" lesen und auch mal etwas googeln, um das Tiefere zu begreifen.

Das Kapitel zum Rehbock war wunderschön!! Wie wundervoll kann man eigentlich die Verbindung zur Mutter und die ersten Schritte auf der Welt beschreiben?!

Und dann kommt der Tourist und sein Kapitel heißt bezeichnenderweise "Die Kulisse". Die Berge und ihre Bewohner sind für ihn nur der Hintergrund für sein "Wochenend-Gefühl", für sein "Rauskommen" aus der Stadt, seinen "Selfcare-Moment". Genial, wie ironisch-süffisant dieses Kapitel geschrieben ist! Herrlich!

Und ich liebe liebe liebe Hilaris Poesie und diese Geister überall. Das ist so ein guter Kniff, die Toten sprechen zu lassen. Das zeigt einfach, wie die Geschichte uns überdauert, wie die Natur immer wieder ihren Lauf nimmt. In diesen Gedichten steckt auch viel Humor, das mag ich.

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MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:32

"Das Kapitel zum Rehbock war wunderschön!! Wie wundervoll kann man eigentlich die Verbindung zur Mutter und die ersten Schritte auf der Welt beschreiben?!"

So ging es mir definitiv auch, das ist mein absoluter Lieblingsteil der Geschichte.

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Tara kommentierte am 13. April 2022 um 21:45

Ich merke, dass ich mit dem Buch nur sehr langsam vorankomme, aber ich genieße jede Seite und möchte mir gerne die Zeit nehmen, die ich für dieses wundervolle Werk benötige. Viele Sätze / Abschnitte muss ich mehrfach lesen, da ich das Gefühl habe, dass ich sonst etwas verpasse. Da scheinen so viele Verzweigungen zwischen den einzelnen Geschichten zu sein, die muss ich erst einmal finden.

Das Kapitel über den Rehbock war einfach nur toll, wunderschön beschrieben.

Die Verbindung zwischen Mensch und Natur, Leben und Tod, Gegenwart und Vergangenheit, dass alles scheint von oben betrachtet zu werden, alles ist irgendwie miteinander verflochten.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:33

"Das Kapitel über den Rehbock war einfach nur toll, wunderschön beschrieben. Die Verbindung zwischen Mensch und Natur, Leben und Tod, Gegenwart und Vergangenheit, dass alles scheint von oben betrachtet zu werden, alles ist irgendwie miteinander verflochten."

Absolute Zustimmung, das Kapitel konnte mich auch tief berühren.

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milkshake kommentierte am 15. April 2022 um 12:37

Was für ein Buch..

Was für ein sprachliches Ballett, was für eine Ideenvielfalt. Ich bin absolut hingerissen wie eines hier zum anderen führt, wie die Autorin uns geradezu dazu auffordert, das Buch gleich noch einmal zu lesen, um alles zu erfassen. 

Bislang fühlt es sich so an, als wolle sie uns zeigen, wie unbedeutend und kleine wir und alle Lebewesen sind und gleichzeitig wie groß und gewaltig unsere eigene Welt sein kann. Dieser Kontrast, dass etwas gleichzeitig enorm wichtig und komplett unwichtig sein kann, ist ganz fantastisch dargestellt. Sprachlich ist das Buch eine Wucht, das Kapitel über die Poesie hat mich sehr viele Klebezettel gekostet, weil es mich sehr tief berührt hat. 

"Er [der Schuss] fällt wie alles Schlimme, das auf der Welt geschieht, und solange es einem nicht selbst geschieht, ist es, als wäre es nicht geschehen." (S. 52) In diesem Satz steckt so viel Wahrheit, ganz egal wo auf der Welt, aber er träfe mit Sicherheit überall irgendwie zu.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
MeinNameistMensch kommentierte am 15. April 2022 um 20:16

Nun habe ich auch den zweiten Leseabschnitt beenden können und komme ommer besser in die Geschichte rein. Am meisten berührt hat mich die Geschichte mit dem Reh, einige Schwierigkeiten hatte ich mit dem Poesie Kapitel. Es ist auf jeden Fall eine Fähigkeit der autorin, richtig schlimme Ereignisse auf besondere Art und Weise zu verpacken.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
darkola77 kommentierte am 18. April 2022 um 19:34

Der zweite Leseabschnitt hat für mich großartige Momente und ganz viel Wunderbares und Schönes bereitgehalten - insebsondere gilt dies für die letzten drei Kapitel: "Die Kulisse", "Die Poesie" (großartig!) und "Das Brüderlein aller".

Der Blick des Wanderers als Außenstehender auf das Dorf in Trauer und tiefem Schmerz wirkt auf mich sehr authentisch und typisch in seinem Unverständnis für die Gefühle und Bedürfnisse anderer, über welche die eigenen Wünsch und Begehrlichkeiten gestellt werden. Ich bin davon überzeugt, dass diese Diskrepanz und fehlender oder mangelnder Wille und Fähigkeit zu Empathie eine Hauptursache für Missverständnisse, Missverstehen und gegenseitige Verletzungen von Menschen ist. In "Die Kulisse" können wir dies nicht nur exemplarisch erfahren sondern haben zugleich auch die Möglichkeit, uns von der Position des reinen Zuschauers emotional zu distanzieren und abzugrenzen.

"Die Poesie" hat mir den Atem stocken lassen. Diese Prägnanz in der Schönheit der Worte und die geradezu literaturtheoretischen Ausführungen über die Freiheit und Wirksamkeit von Poesie hatte ich weder im Rahmen der Geschichte noch in dieser Treffsicherheit erwartet. "Gedicht für mich, Hilari" habe ich inzwischen selbst immer und immer wieder gelesen und gerade auch meinem Mann vorgelesen, weil ich seine Schönheit unbedingt teilen wollte.

Und "Das Brüderlein aller" war für mich vor allem von großer Trauer durchzogen - Trauer darüber, dass dieses viel zu junge Leben so früh erloschen ist und Trauer über die Grausamkeiten des Krieges und die tiefen Wunden, welche dieser in ganz unterschiedlichen und doch auch wieder sich gleichenden Formen den Menschen zufügt. Ich musste und muss dabei sehr an die Schrecken und Gräueltaten des Krieges in der Ukraine denken und das Leid der unzähligen Menschen...

Was ich bereits im ersten Leseabschnitt an mir gemerkt habe und im zweiten Abschnitt für mich noch deutlich stärker geworden ist: In den Kapiteln, in welchen die Autorin die Erzählperspektive von nichtmenschlichen Protagonisten - sprich Tieren oder Naturereignissen - einnimmt, erreicht sie mich nicht mehr, verliert mich ein Stück weit. Regen, Rehbock, Pilze - das ist mir einfach zu gewollt, zu pathetisch, auch wenn Sprache und Bilder weiterhin groß bleiben. Aber das empfindet sicherlich jede*r anders und ganz eigen für sich.

Und obwohl ich seit heute ein paar Tage an der Küste verbringen darf, freue ich mich doch sehr und ganz besonders darauf, dieser Geschichte über die Berge mit ihren Menschen und vor allem der sie umgebenden und ausmachenden Natur weiter zu folgen. Sie wird meinen Urlaub sicherlich noch schöner machen. :-)

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
LySch kommentierte am 20. April 2022 um 21:28

Ich wünsche dir eine wunderbare, erholsame Zeit und ganz viel gute Lektüre :)

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
darkola77 kommentierte am 20. April 2022 um 21:49

Das ist sehr lieb von Dir, vielen Dank!

Und da ich heute "Singe ich, tanzen die Berge" abgeschlossen habe - an die Rezension mache ich mich gleich -, wird morgen gleich das nächste hoffentlich wunderbare Buch in die Hand genommen: "Dunkelblum" von Eva Menasse. Ich bin schon ganz gespannt, was mich erwarten mag. :-)

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
LySch kommentierte am 21. April 2022 um 15:33

Oh, "Dunkelblum" liegt hier auch noch auf dem SuB und ich freue mich drauf! :) Eva Menasse kann ganz wunderbar schreiben, finde ich :) Bin gespannt, wie du es findest.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
darkola77 kommentierte am 21. April 2022 um 17:38

Oh wow, das ist ja ein Zufall! Bis jetzt habe ich knapp 40 Seiten gelesen - weitere folgen gleich auf der Terrasse im warmen Sonnenschein. :-) Die Geschichte gefällt mir bisher sehr, erinnert mich aber auch gerade an "Unterleuten"... Mal schauen, was noch so kommt.
 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:44

Im Gegensatz zu dir komme ich mit den Natur-Perspektiven ganz gut zurecht, dafür war der Poesie-Abschnitt nicht meine Welt. In Aussagen ohne klar definierte Aussage finde ich einfach nicht gut rein.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 43 bis 94
La Tina kommentierte am 24. April 2022 um 15:21

So nach und nach werden einige Abschnitte miteinander in verbindung gebracht. der nun 20-jährige, Hilari, der bei einem Jagdunfall umkommt, weil sein Freund die Waffe nicht gesichert hatte. Der Rehbock, dessen Schicksal an sich schon tragisch und mutig war, der durch ebendiesen Fehler eben nicht mit dem Leben bezahlen muss. Der Großstädter, der mitte/ende der 1980er die ländliche Gegend romantisch-naiv betrachtet, also regelrecht realitätsfern, nachdem wir das harte Leben bereits auf den Seiten zuvor aus diversen Perspektiven kennenlernen durften. Und der verschnupft reagiert, weil er nicht wie König Kunde behandelt wird, weil alle zur Beerdigung sind und er nun Hunger hat - Empathie sucht man bei dem Typen wirklich vergebens! Ist wohl die alltägliche Distanz der Großstadt, welche ihm das Einfühlungsvermögen geraubt hat - sein Hunger ist wichtiger als der zu betrauernde Verlust eines Menschenlebens.
Zwischendurch auch hier wieder eine Legende zur Entstehung der Pyrenäen, in zweifacher Version. Mal mit einem heldenhaften Herakles, mal mit einem brutal-sexistischen. Und der Legenden nicht genug: Die Verstorbenen kehren in die Wälder zurück, schreiben Gedichte, erinnern sich an ihre Familien und sehen den Tod gar nicht als großes Final, vielmehr als Übergang zurück zur Natur.