Rezension

Summertime sadness

22 Bahnen -

22 Bahnen
von Caroline Wahl

Bewertet mit 5 Sternen

In den letzten Wochen habe ich kaum ein Buch so oft auf Instagram gesehen wie „22 Bahnen“ von Caroline Wahl. Und kaum ein anderes Buch hat mich beim Lesen je so sehr an meine Jugend erinnert. Was komplett irre ist, weil es in „22 Bahnen“ gar nicht um Jugendliche geht, und weil meine eigene Jugend nichts mit dem zu tun hatte, was Tilda und Ida mit ihrer alkoholkranken Mutter erleben. Im Buch geht es viel mehr um eine Jugend, die länger andauert, als sie eigentlich sollte, von der sich die Protagonistin nicht so recht lösen darf, die immer noch ihre langen Finger nach ihr ausstreckt und verhindert, dass sie erwachsen und frei sein kann. Zwischen den Zeilen konnte ich trotzdem irgendetwas lesen, das dem Gefühl entspricht, das ich mit diesen Jahren verbinde. Vielleicht liegt es in den kleinen, verspielten Details der Geschichte oder daran, dass die Autorin und ich in einem ähnlichen Alter sind und sie dadurch eine ähnliche Zeitrechnung aufmacht. Ich weiß es nicht. Generell ist „22 Bahnen“ ziemlich gut darin, Gefühle heraufzubeschwören, obwohl es ja eigentlich eine „Nicht-Liebesgeschichte“ ist. Das behauptet zumindest Tilda im Buch, ich sehe das anders. Mal angenommen, es handelt sich doch um eine Liebesgeschichte, gehört diese jedenfalls zu meiner liebsten Art an Liebesgeschichten: Voller Sommer und roher Melancholie. Ein bisschen wie ein Lana Del Rey Song auf Deutsch. Früher war ich sowieso der Meinung, dass der Sommer immer auch etwas Trauriges, zwischen drohendem Aufbruch und Vergänglichkeit, an sich hat. 
Gewissermaßen war mir das Buch zu kurz, gewissermaßen ist es aber genau richtig lang. Wie ein Sommergewitter. Schnell vorbei, aber heftig. Alles ist danach nass. (Meine Augen auch.) 
The hype is real, liebe Freunde und Freundinnen der Literatur.