Rezension

Ein nettes Buch, nicht mehr, nicht weniger

22 Bahnen -

22 Bahnen
von Caroline Wahl

Bewertet mit 2.5 Sternen

Irgendwie finde ich es immer spannend, wenn Bücher von vielen Menschen sehr gefeiert werden. Gerade „22 Bahnen“ von Caroline Wahl tauchte in der letzten Zeit recht häufig hier und da auf und sorgte für regelrechte Lobeshymnen. Ich wünschte, ich könnte nun an dieser Stelle mit einsteigen, hat mich die Ausgangslage des Romans doch sehr neugierig gemacht… aber am Ende fragte ich mich dann eher andere Dinge. Bin ich dafür zu alt? Zu jung? Habe ich irgendwas überlesen? Nicht wahrgenommen? Liegt es an meinen Erfahrungen und Hintergründen? An vorherigen Lektüren? Was ist es, dass dieser Roman bei mir nun so gar nicht zünden wollte?
Eine überschaubare Kleinstadt, eine sowas von überhaupt nicht perfekte Familie. Tilda, die sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern, für sie da sein, tagtäglich die Ausschreitungen der alkoholkranken Mutter aushalten und das Familiäre irgendwie lenken muss. Zeitgleich Tildas Traum von einem unbeschwerten Leben; ihr einziger Ort zum Abschalten… das Freibad… das klingt als Ausgangspunkt für einen Roman wirklich toll, aber die Geschichte zog sich schon sehr. Gefühlt wartete ich ewig darauf, dass irgendwas passiert und das Unglück an die Tür klopft, schließlich kann man bereits nach den ersten Seiten erahnen, dass es einen Kipppunkt mit der Mutter geben wird. Und auch der auftauchende Viktor, die Beziehungen zu den Freunden von damals… da mal ein interessanter Gedanke, etwas, das es zu verfolgen gilt… aber hmm, so wirklich vom Hocker gerissen hat es mich nicht. Im Buch selbst heißt es "Das sollte hier nie eine Liebesgeschichte werden. Das sollte wenn, dann Idas und meine, vor allem Idas Heldinnengeschichte werden, in der sich Ida von Mama befreit." Aber braucht es für Held*innen nicht auch ein mitreißendes Drama? 
Oft musste ich beim Lesen an „Shuggie Bain“ von Douglas Stuart denken, ein Roman der mich in Hinblick auf das geschilderte Familiengefüge, den Absturz der Mutter und das damit verbundene Schicksal des Jungen Shuggie wirklich tief emotional getroffen hat und wo ich wirklich erstaunt war, wie er aus der ganzen Situation hervorging. Und dann blicke ich wieder auf diese Bahnen und finde es am Ende einfach nur nett. Nett, weil die enthaltende Liebesgeschichte nicht so schnulzig ist, die beiden Töchter sich irgendwie weiterentwickeln und… nein, kein und, ich glaube, das war’s schon.