Rezension

Adeles Schicksal

Feldpost -

Feldpost
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Anwältin Cara gönnt sich in einem Kasseler Café eine Pause. Als sich eine ältere Dame zu ihr setzt entspinnt sich ein kurzes Gespräch, nachdem die Dame verschwindet, nur ein alter Aktenkoffer bleibt zurück. Eigentlich will Cara den Koffer zurückgeben, doch um die Besitzerin ausfindig zu machen, muss sie den Koffer öffnen. Und worauf wollte die Dame hinweisen als sie bemerkte, Adele sei verschwunden. Neugierig geworden widmet sich dem Inhalt des Koffers. Sie findet Feldpostbriefe aus dem zweiten Weltkrieg, die offensichtlich ein junger Mann namens Richard an besagte Adele geschrieben hat. Kann Cara im Jahr 2000 die Briefverfasser ausfindig machen? Nach so langer Zeit.

 

Einmal aus der Gegenwart beginnend mit dem Jahr 2000 und aus der Zeit kurz vor dem zweiten Weltkrieg wird das Schicksal von Adele Kuhn und ihrer Familie nachgezeichnet. Die Kuhns waren angesehene Leute in Kassel. Der Vater besaß eine gutgebende Spedition, die Mutter führte den Haushalt, die Kinder Adele und Albert waren erfolgreich und beliebt in der Schule. Doch in der Nazizeit konnte es sich schnell rächen, dem Regime nicht nach dem Mund zu reden. Und so war der Vater in politischen Kreisen durch seine Überzeugungen gebrandmarkt. Als er sich eines Tages eine Blöße gibt, wird er verhaftet und verurteilt. Welche Auswirkungen das unter den Nazis auf die Familie hatte, beschreibt dieses Buch.

 

Gewohnt stimmig und einfühlsam vorgetragen wird dieses Hörbuch von Vera Teltz. Die Autorin Mechthild Borrmann hat in diesem Roman Aufzeichnungen verarbeitet, die sie im deutschen Tagebucharchiv gefunden hat. Als Leser hätte man sich ein anderes Schicksal für Adele gewünscht, doch erklärt der reale Hintergrund vielleicht, wieso man schließlich staunt, was Cara und Richard Martens nach der langen Zeit noch herausfinden, man aber doch etwas betrübt ist, weil man sich eine gewisse Gerechtigkeit wünschen würde. Möglicherweise gibt es die im wirklichen Leben einfach nicht häufig genug. Auch wenn Richard nicht sein Leben führen konnte, so hat er doch eine gewisse Zufriedenheit erreicht, wenigstens das. Aber irgendwie ist das nicht genug. Dennoch berührt dieser Roman, weil der die grausamen Machenschaften des Regimes deutlich beschreibt. Wie wurden Kleinigkeiten aufgebauscht, Machtpositionen missbraucht und Menschen zu Handlungen gezwungen, die ihnen nicht entsprachen. Eine Lektüre, die einen nicht so schnell loslässt.