Rezension

Leicht zu lesendes schweres Schicksal

Feldpost -

Feldpost
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 4 Sternen

Der Prolog verspricht direkt verheißungsvolles: Mit nebulösen und nachdenklichen Worten wird der Aspekt von Erinnerungen beschrieben, die plötzlich an die Oberfläche treten. Im ersten Kapitel treffen wir im Jahr 2000 auf Cara, die kurz vor Weihnachten eine überraschende Begegnung mit einer Unbekannten hat, die ihr alte Briefe und Dokumente anvertraut. In der Vergangenheit wird anschließend über die Besitzer/innen und deren Familien erzählt. Die Jugendlichen Adele und Albert Kuhn und Richard Martens sind befreundet. Doch die aufsteigende Herrschaft Hitlers und der Zweite Weltkrieg machen der Familie Kuhn Probleme und auch die Freundschaft der drei wandelt sich. Das Buch erzählt das Leben der Familie Kuhn von 1935 – 1945. Abwechselnd werden die Ereignisse während des Dritten Reichs und der Recherche in der Gegenwart erzählt, wobei es mich manchmal gestört hat, dass große Ereignisse 2000 in einem Gespräch erwähnt werden und dann nochmals im Vergangenheits-Strang aufgegriffen wurden. Besser aufeinander abgestimmt wäre das Lesen für mich mitreißender gewesen.

Anfangs kam die Geschichte eher trocken daher. Die Autorin benutzt wenige Beschreibungen der Umgebung, was z. B. ein Charakter sieht, hört oder riecht. Auch die Emotionen kommen etwas kurz, obwohl man die Gefühle der Buchfiguren gut nachvollziehen kann. Im Laufe der Geschichte wurde sie aber ausführlicher. Das Buch erzählt von schicksalhaften Jahren einer Familie, die mich aber nicht direkt berühren und emotional machen konnten. Das liegt auch daran, dass das Ende zu abrupt zusammengefasst wurde, statt es unmittelbar durch die Charaktere zu schildern. Der Schluss hätte durchaus Potenzial für viele Emotionen und Tränen bei mir gehabt, blieb aber leider aus.

"Die Menschen redeten, diskutierten oder beruhigten Kinder, und alle bemühten sich leise zu sprechen. Es war eine geflüsterte Kakofonie aus Angst, Verunsicherung, Zweifel und bangem Hoffen.", S. 204

Die Familie Kuhn hat es schwer, sich unter der Herrschaft der Nazis zurechtzufinden. Immer wieder geschehen Ereignisse, die Adele, Albert oder deren Eltern beeinflussen. Bekannte Tage und Taten der Nazis werden aufgegriffen und zeigen somit, wie sich damals Menschen unter der Diktatur fügen mussten. Mechthild Borrmann hat damit eine spannende Familiengeschichte geschaffen. Es werden auch Randgruppen angeschnitten, die von dem Nazi-Regime verfolgt wurden, wie Juden, Homosexuelle und politisch Verfolgte. Jedoch gehen die Themen nicht zu sehr in die Tiefe und auch der eher nüchterne Schreibstil sorgt dafür, dass Neulinge in diesem Bereich des historischen Genres zu dieser Geschichte greifen können. In „Feldpost“ werden zwar einige Schicksale geschildert, jedoch nie zu emotional und schwer.

Fazit:
„Feldpost“ ist eine tragische Geschichte über eine große Liebe und eine Familie, die durch die schwere Zeit während des Dritten Reichs getrennt wurde. Mit wenigen Beschreibungen aber geschickt gewählten Worten erzählt die Autorin die spannende und ereignisreiche Geschichte. Aufgrund der fehlenden emotionalen Beschreibungen ist dieses Buch bestens geeignet für Leser/innen, die aufgrund der Schwere Bücher über das Dritte Reich und den 2. Weltkrieg sonst meiden würden.