Rezension

Das Schicksal zweier Familien

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von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht. Es gibt Verletzungen, die unversorgt geblieben sind, die immer wieder aufbrechen oder hässliche Narben hinterlassen haben...“

 

Mit diesen Worten beginnt ein Roman, in dem psychische Wunden im Mittelpunkt stehen. Die Autorin hat eine spannende Handlung kreiert. Ihr Schriftstil ist ausgefeilt. Das Geschehen spielt in zwei Handlungssträngen, einmal in der Gegenwart im Jahre 2000 und einmal beginnend 1935.

Cara ist Anwältin in Kassel. In einem Café sitzt sie einer Frau gegenüber, die gerade die Wohnung ihrer Mutter ausgeräumt hat. Dabei ist ihr eine alter Aktenkoffer in die Hände gefallen. Er stammt aus dem Jahre 1945. Die Besitzerin wollte ihn abholen, ist aber nie erschienen. Die Frau verschwindet und lässt den Koffer bei Cara. Sie findet darin eine Reihe von Liebesbriefen, ein paar Fotos und eine Verkaufsurkunde.

Cara macht sich auf die Suche nach Adele Kuhn, der die Sachen gehörten. Die Spur verliert sich schnell. Doch Robert Martens, der Schreiber der Briefe, wird gefunden. Er weiß nichts über den Verbleib von Adele.

Im Jahre 1935 lerne ich die Familien des Spediteurs Kuhn und des Apothekers Martens kennen. Zu jeder Familie gehören Sohn und Tochter. Die Jugendlichen sind miteinander befreundet. Doch die Zeiten ändern sich. Apotheker Martens tritt in die NSDAP ein, Kuhn macht aus seiner Abneigung vom kommenden Regime keinen Hehl. Er wird 1935 das erste Mal verhaftet. Nach der Entlassung aus der zweiten Gefangenschaft gehen Adeles Eltern nach Frankreich. Sie erlauben ihren Kindern, in Deutschland zu bleiben. Sie hoffen, in spätestens zwei Jahren zurückkehren zu können.

Die folgenden Episoden berichten von einer geheimen Liebe, von Verrat und Besitzgier. Der Apotheker hat Angst um seinen Ruf. Das bestimmt sein Handeln.

In der Gegenwart brechen bei Robert alte Wunden auf. Er will mehr über die damaligen Ereignisse wissen. Da er im Feld war, hat er nur das mitbekommen, was in den Briefen stand. Und die wurden zensiert. Er trifft in seiner Familie auf ein Gespinst von Lügen und Verrat.

 

„...Es war gut, sie durchzusehen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass die Unterlagen mir Klarheit verschaffen, aber stattdessen finde ich all die Lügen...“

 

Berührend fand ich die Ausschnitte aus den Briefen. Sie sind zum Teil sehr poetisch, zum anderen geprägt von den Folgen des Krieges.

 

„...Dieser Krieg zeigtt unsere hässlichsten Gesichter. Die Regeln sind einfach und barbarisch, und die Zivilisation ist ein dünnes Mäntelchen, das wir schnell ablegen, weil es uns bei echter K

älte nicht wärmt...“

 

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Hier wird eine erschütternde Geschichte erzählt.