Delphies zweite Chance aufs Leben
Bewertet mit 5 Sternen
Inhalt:
"Hier liegt Delphie Denise Bookham. Sie starb, wie sie gelebt hat: allein, verwirrt und in echt hässlichen Klamotten."(S. 10)
Delphie ist 27 Jahre alt und führt ein sehr zurückgezogenes Leben in ihrer Londoner Wohnung. Als sie gelangweilt einen Hamburger aus der Mikrowelle verspeist, erstickt sie und landet irgendwo im Jenseits. Hier begegnet sie ihrer leicht verrückten Jenseits-Therapeutin Merritt, die ihr einen VHS-Film über ihr trostloses Leben vorspielt. Anschließend geschieht das Unfassbare: Sie begegnet im Himmel einem attraktiven Mann, der sich als Seelenverwandter herausstellt. Doch dieser ist nur aus Versehen dort gelandet und wird direkt wieder ins Leben zurückgeschickt. Delphie fleht Merrit an, sie ebenfalls zurückzuschicken. Diese gewährt ihr ein Experiment: Sollte Delphie es innerhalb von 10 Tagen schaffen, ihren Seelenverwandten zu finden und ihn dazu zu bringen, sie freiwillig zu küssen, darf sie am Leben bleiben. Ansonsten muss sie zurück ins Jenseits und Merritt für Dating-Experimente als Versuchskaninchen dienen. Delphie ergreift ihre Chance, doch dieses Vorhaben gestaltet sich schwerer als gedacht, zumal sie seinen vollen Namen nicht kennt. Und dann kommt auch noch ihr attraktiver, aber unausstehlicher Nachbar Cooper, ihre Sorge um den alten Mr. Yoon und einfach das Leben dazwischen.
Mein Eindruck:
"Mr Yoon spricht nicht. Vor Kurzem hat er begonnen, mir hin und wieder kleine Notizen zu schreiben – so habe ich erfahren, dass er schon als Baby eine Stimmbandverletzung erlitten hat und nie sprechen konnte –, aber meist sitzen wir einfach schweigend beisammen. Ich glaube, das ist einer der Gründe, weshalb ich so gern Zeit mit ihm verbringe. Das und die Tatsache, dass er sich nicht verstellt. Er tut nicht so, als würde er mich mögen oder nicht mögen. Das Problem mit vielen Menschen ist, dass sie jemand zu sein vorgeben, der sie ihrer Meinung nach sein sollten, aber in Wirklichkeit sind sie vollkommen anders – nämlich in den meisten Fällen jemand, der voreingenommen ist und sich anderen meilenweit überlegen fühlt und bereit ist, dir, ohne mit der Wimper zu zucken, das Herz zu brechen, wenn es ihm nützt. Wenn ich eines mit Sicherheit weiß, dann, dass Menschen meist schlicht und ergreifend scheiße sind. Aber nicht Mr. Yoon. Er ist ein aufrichtiger, guter Kerl ohne böse Hintergedanken." (S. 44-45)
Ich lese selten Liebesromane, weil sie meistens zu kitschig sind, aber dieser hier hat wirklich Spaß gemacht. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive von Delphie erzählt und ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen. In ihrer Kindheit und Jugend wurde sie von einigen vertrauten Personen verletzt. Um dies zukünftig zu vermeiden, verschließt sie sich größtenteils den Menschen, führt ein zurückgezogenes Leben und geht keine Risiken ein. So kann ihr keiner wehtun, aber sie fühlt sich auch nicht wirklich lebendig. Durch ihre Mission nach ihrem Tod wirft sie ihre Bedenken über Bord, geht Risiken ein. Sie lernt neue Menschen kennen und öffnet sich ihnen. Man spürt beim Lesen das stetige Aufblühen ihrer Persönlichkeit. Zudem bietet die Geschichte viel Situationskomik, aber auch viel Nachdenkliches. Auch Cooper trägt einige Geheimnisse mit sich herum und erst gegen Ende werden die Zusammenhänge vollständig aufgeklärt. Je mehr Delphie ihr Leben neu entdeckt und ihren Traummann sucht, desto mehr findet sie zu sich selbst und zu den Menschen und desto spannender wird es, wie die Geschichte enden wird. Gut gefallen hat mir auch, dass sich der Roman als Liebesroman nicht so ernst nimmt. Es gibt zwischendurch einige ironische Seitenhiebe auf dieses Genre.
Ich habe dieses Buch in einem Rutsch verschlungen, viel gelacht, manchmal mitgelitten und mir einige Zitate zum Nachdenken notiert. Sehr lesenswert!
Fazit:
Ein erfrischender Roman über die Liebe und das Leben mit sympathischer Protagonistin, Humor sowie Stoff zum Nachdenken