Rezension

Schnulze als Ehetherapie für Alpha-Männer

The Secret Book Club - Ein fast perfekter Liebesroman - Lyssa Kay Adams

The Secret Book Club - Ein fast perfekter Liebesroman
von Lyssa Kay Adams

Bewertet mit 3.5 Sternen

Beruflich könnte es für Baseball-Profi Gavin  Scott gar nicht besser laufen - seit seinem entscheidenden Home Run der Saison wird er von Kollegen und Fans gefeiert. Von Hochgefühlen kann dennoch keine Rede sein, denn seine Ehe steckt in einer tiefen Krise: Ausgerechnet beim Feier-Sex nach eben jenem Homerun musste er nämlich feststellen, dass Ehefrau Thea ihm seit nun mehr drei Jahren Orgasmen vorgetäuscht hatte. Da hilft auch der perfekt durchdefinierte Körper nicht - wenn es darum ging, die eigene Frau zu befriedigen, hat Gavin offensichtlich nicht nur kläglich versagt, sondern das noch nicht einmal mitgekriegt. Zutiefst verunsichert verzieht er sich zunächst ins Gästezimmer und wird von Thea, die seine Reaktion nicht nachvóllziehen kann, rausgeschmissen. Die Scheidung scheint nur noch eine Frage der Zeit.

Wie gut, dass Gavin in seinen Mannschaftskollegen gute Freunde hat. Einige von ihnen hatten in der Vergangenheit ebenfalls schon Ehekrisen - und ein ungewöhnliches Mittel zur Aufarbeitung von Kommunikationsproblemen gefunden: Die Lektüre historischer Liebesromane half ihnen zu verstehen, wie Frauen ticken - und wie die schwülstigen tall dark and handsome Helden ein romantisches Happy End bewerkstelligen.

Männer und Liebesschnulzen - ein Coming Out in der Profi-Liga könnte nicht weniger Schockwellen bereiten.  Kein Wunder, dass der Lesezirkel geradezu konspirativ auftritt - Secret Book club eben, so der Titel des Auftakts der bromance-Reihe von Lyssa Kay Adams. Und kein Wunder, dass die erste Regle der Eingeweihten lautet: Kein Wort nach außen. Es wäre schließlich nicht dem Image knallharter Hockeyprofis, Baseballstars und Alpha-Männer aus Politik und Wirtschaft förderlich, wenn herauskommt, dass sie ausgerechnet in der Schnulzenecke die Lösung für ihre privaten Probleme suchen müssen. Auch wenn sie, da erinnern sie schon wieder an das Auftreten in einer College-Verbindung, die Sex-Szenen für so anregend halten, dass sie ein eigenes Punktesystem für die LL (Lese-Latte) erstellt haben.

Sven Macht als Sprecher der Hörbuchversion dieses Liebesroman zwischen Persiflage und Schnulze kann alle Register ziehen, wenn er mal die Sicht des nun nicht nur wegen seines Stotterns verunsicherten Gavin, mal die von Thea zeigt. Da wird geraunt, geschnurrt, markige Männlichkeit und aufbegehrender Trotz intoniert. 

Denn auch Thea schleppt ihre eigenen inneren Dämonen mit sich herum - als Kind litt sie unter der gescheiterten Ehe der eigenen Eltern, der notorisch untreue Vater heiratet gerade zum vierten Mal, und die einst rebellische Künstlerin, die wegen der Schwangerschaft mit Zwillingen und anschließenden Heirat ihr Studium unterbracht, hasst das Dasein als WAG. Wenn sie sieht, dass sie im Laufe ihres Daseins als Spielerfrau zur in Pastelltöne gekleideten Southern Belle mutiert ist,  erkennt sie sich selbst kaum wieder. Sie will ihr altes, besseres Leben zurück. Doch mit oder ohne Gavin? Denn der lässt sich von Romanfigur Benedict, einem englischen Earl, beim Kampf um Theas Liebe inspierieren.

Inhaltlich ist natürlich vieles voraussehbar - welche Liebesschnulze darf schon ohne Happy end und viele Komplikationen und Missverständnisse zwischendurch enden? Dass die Figuren nicht durch sonderliche Tiefe überzeugen werden, ist auch von vornherein klar. Unterhaltsam ist das Konzept des "secret book club" allemal und beschert so manchen heiteren Hörmoment. Auch starke Männer dürfen bei Romanzen schwach werden.