Rezension

Attentat in den Stockholmer Schären

Refugium -

Refugium
von John Ajvide Lindqvist

Bewertet mit 5 Sternen

Schweden 2019. Eine Insel inmitten der Stockholmer Schären. Ein extravagantes Mittsommerfest. Ein festlich gedeckter Tisch auf einem Bootssteg, an dem neben der gastgebenden Familie Helander vier Gäste Platz genommen haben. Ein grausiges Massaker, das nur die 14-jährige Astrid schwer traumatisiert überlebt - das ist die Zusammenfassung des spannenden Prologs, mit dem John Ajvide Lindqvist seinen Thriller „Refugium“ beginnt.

Im Folgenden lernt man die Hauptfiguren kennen. Da ist die ehemalige Polizistin Julia Malmros, die sich mittlerweile als Krimiautorin einen Namen gemacht hat und gerade dazu auserkoren wurde, einen Entwurf für den nächsten Millennium-Roman einzureichen. Weil Julia wenig Ahnung von Hacking und Internet-Spionage hat, wird ihr der junge Hacker Kim Ribbing zur Seite gestellt. Kim ist der Spross eines alten Adelsgeschlechts und dank eines riesigen Familienvermögens finanziell unabhängig. Der 28-Jährige hatte jedoch eine grausige Kindheit und Jugend. Er wurde auf unsägliche Weise von seinem gewalttätigen Großvater und später auch von seinem Therapeuten, der mit Elektroschocks experimentiert hat, gequält und missbraucht.

Julia und Kim befinden sich gerade in Julias Sommerhaus auf Tärnö, als auf der nahen Insel der Helanders das Attentat verübt wird. Die beiden eilen per Boot an den Tatort und werden schließlich in die Ermittlungen rund um die Suche nach den Tätern und den Hintergründen zu diesem kaltblütigen Anschlag hineingezogen.

Lindqvist hat mich mit seinem mitreißenden Erzählstil schnell in seinen Bann gezogen. Schon nach wenigen Seiten lief mein Kopfkino auf Hochtouren - den Leser erwartet hier ein vielschichtig angelegter Krimi. Kurze Kapitel, ständig wechselnde Perspektiven, internationale Schauplätze, globale Verwicklungen und dazu mehrere Rückblenden in Kims Vergangenheit sorgen für eine lebhafte und abwechslungsreiche Handlung.

In „Refugium“ befinden sich einige Parallelen zur Millennium-Reihe. Das kommt nicht von ungefähr, denn Lindqvist ist gefragt worden, ob er weitere Fortsetzungen der Reihe schreiben möchte, sein Entwurf wurde dann allerdings vom Lektorat abgelehnt. Damit die monatelange Recherche und Schreibarbeit nicht vergeblich war, hat Lindqvist sein Manuskript umgeschrieben und als Auftaktband einer eigenen Reihe veröffentlich. Die Idee, seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen während des Werdegangs des Romans auch seine Protagonistin Julia Malmros durchmachen zu lassen, habe ich als sehr gelungen empfunden.

„Refugium“ hat mir sehr gut gefallen - ein Thriller, der mit einem abwechslungsreichen Geschehen punkten kann und mir ein paar spannende Lesestunden beschert hat.