Rezension

Gut, aber ich hatte mir mehr erhofft

Refugium -

Refugium
von John Ajvide Lindqvist

Bewertet mit 3.5 Sternen

Julia Malmros, Schriftstellerin und Ex-Polizistin, hat den Auftrag bekommen, das siebte Buch der Millenium-Saga zu schreiben. Da sie kein Fachmann in Sachen IT ist, stellt der Verlag ihr Kim Ribbing zur Seite. Kim, ein Computergenie und Hacker mit vielen Traumata, und Julia gehen eine sexuelle Beziehung ein. Als sie sich zu Midsommer in Julias Ferienhaus aufhalten, hören sie Schüsse bei Julias Nachbarn, einem Freund aus Kindertagen. Als sie dort ankommen, sind der Gastgeber und alle Gäste tot. Lediglich Astrid, die Tochter des Gastgebers, hat überlebt. Persönlich betroffen, beginnen Kim und Julia zu ermitteln, warum Olof Helander und seine Gäste sterben mussten.

Zu Beginn werden die beiden Hauptfiguren Julia Malmros und Kim Ribbing ausführlich in die Geschichte eingeführt. Dabei steht bei Julia ihre Schriftstellerei im Vordergrund. Ich mag es sehr gerne, wenn ich als Leserin etwas über das Entstehen von Büchern erfahre und wie es in der Verlagswelt zugeht. Das hat der Autor wirklich gut und spannend ausgearbeitet.

Mit Kim Ribbing hat Lindqvist eine sehr interessante Figur eingeführt, die sich durch viele Brüche in der Persönlichkeit auszeichnet. Ich mag solche Figuren und finde, dass sie die Spannung steigern. Da wir viel aus der Kindheit und Jugend von Kim erfahren, empfinde ich viel Empathie für ihn und fühle mich ihm verbunden. Ich mochte die Szenen, in denen er vorkommt, weil er mich immer wieder überrascht hat und meine Neugierde dadurch konstant hoch war.

Nicht so gut hat mir gefallen, dass der eigentliche Kriminalfall oft beiläufig ins Geschehen eingestrickt wurde. Dazu kommt, dass die brisanten Firmeninterna, über die Julia, Kim und die ermittelnden Polizisten gestolpert sind, nicht so erklärt wurden, dass ich deren Brisanz erkennen konnte. Erst gegen Ende des Buches habe ich verstanden, was eigentlich passiert ist. Ich glaube, das hätte man spannender und verständlicher Schreiben können.

Oft hat der Autor für meinen Geschmack zu viele Klischees bedient. Der traumatisierte Kim, der sein seelisches Gleichgewicht dadurch ein Stück weit wiederfindet, dass er an illegalen Boxkämpfen teilnimmt, ist für mich ein in der Literatur mittlerweile zu oft bemühtes stereotypes Verhalten. Zudem wird mir zu häufig nur angedeutet, was Kim macht, wenn er sich z.B. im Darknet herumtreibt und Pädophile aufspürt. Führt er diese der Polizei zu oder übt er Selbstjustiz?

Ich habe „Refugium“ gerne gelesen. Das Buch hat interessante Figuren, aber dem Kriminalfall fehlte es immer wieder an Spannung. Dennoch bin ich sehr gespannt, ob Band 2 mir beides bietet, ein spannendes Verbrechen und außergewöhnliche Figuren.