Rezension

Globaler Thriller und ein echter Pageturner

Refugium -

Refugium
von John Ajvide Lindqvist

Bewertet mit 5 Sternen

Julia Malmros sollte den 7. Band der Millenium-Reihe von Stieg Larsson schreiben, ihr fertiger Entwurf wird dann aber von der Lektorin abgelehnt, was Julia öffentlich macht und damit für einige Unruhe sorgt. Sie zieht sich in ihr Häuschen am See zurück, wo sie Besuch von Kim Ribbing bekommt. Der mehr als 20 Jahre jüngere Computercrack hat ihr bei den Recherchen zum Buch geholfen, was in einer eher komplizierten Beziehung mündet. Die beiden bekommen mit, wie auf der Nachbarinsel Schüsse fallen. Olof Helander (Julias Kindheitsfreund und reicher Unternehmer, der mit Klimakompensationen zu tun hat), dessen Familie und 2 Gäste wurden brutal von zwei Männern hingerichtet. Nur Astrid, Olofs 14-jährige Tochter, hat die Tat traumatisiert überlebt. Julias Ex-Mann und Polizist Jonny leitet die Ermittlungen. Doch Julia und Kim lassen es sich nicht nehmen, ebenfalls den Spuren, die auf unsaubere Geldgeschäfte hinweisen, in die China und Kuba beteiligt zu sein scheinen, zu folgen. Diese führen Kim von Schweden, nach Shanghai und Havanna und bringen ihn in höchste Lebensgefahr. Doch Kim bleibt gelassen, er hat in seiner Kindheit doch bereits so viel Grausames mitgemacht und sich ein Stückweit in sich selbst zurückgezogen. Jedoch nicht so weit, dass ihm alles egal wäre. Seinen Peiniger von damals möchte er schon noch drankriegen.

Es ist gar nicht so leicht, eine Zusammenfassung dieses Buchs zu schreiben, weil hier so viel passiert! Es ist nicht nur der Thriller rund um die schmutzigen, länderübergreifenden Geldgeschäfte und den offensichtlichen Auftragsmord an den vier Mitsommernacht feiernden Menschen. Auch Julias eigene Geschichte, die Sache mit der Millenium-Buchreihe (hier hat der Autor übrigens sehr aus dem ganz eigenen Nähkästchen geplaudert) und ihre Empfindungen Kim Ribbing gegenüber sind Thema ebenso wie Kims unfassbar tragische Kindheit, deren Tragweite an seinem Körper in Form von Selbstverletzungen nur erahnt werden kann. Kims Spurensuche in Shanghai und Havannah ist an Spannung kaum zu überbieten und ich konnte das Buch schlicht kaum noch aus der Hand legen. Großartig, wie Lindqvist es schafft, die Balance zwischen fesselnder Spannung und wunderbarem Humor zu halten. Die Dialoge sind teilweise extrem witzig (aber nicht klamaukig) und wechseln sich ab mit superspannenden Szenen, was sehr dazu beiträgt, dass ich nur so durch die Seiten geflogen bin. Die Auflösung war dann für mich echt schockierend, weil ich diese Person sowas von überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Was dann aber am Ende trotzdem absoluten Sinn machte und ich mir gesagt habe: hättest Du Dir eigentlich denken können. Tja, hab ich aber nicht. Das Buch endet zum einen mit einer Enthüllung, bei der ich nur dachte: wow! Und mit einem Cliffhanger, der an Gemeinheit nicht zu überbieten ist. Wie soll ich jetzt bitte noch ein Jahr warten können, bis die Fortsetzung kommt? Denn die wird es geben! Und eins ist klar: die muss ich haben!

Fazit: Figuren, die beeindrucken und im Kopf bleiben, eine Handlung mit Hand und Fuß und Unmengen an Spannung, genau richtig viel Humor an den richtigen Stellen und ein Schreibstil, der einfach gut ist. Die einzelnen Kapitel sind extrem kurz (2-10 Seiten etwa), was ein genialer Schachzug ist für Leser wie mich, die immer wieder sagen: nur noch ein Kapitel. Ehe man sich´s versieht, ist man durch mit dem Buch. Ich kann es absolut empfehlen für Freunde von Thrillern nach Art Millenium von Larsson und generell für Fans skandinavischer Spannungslektüre. 5/5 Sterne.

Vielen Dank an die Buchcommunity WAS LIEST DU, über die ich das Buch lesen durfte sowie an den DTV VERLAG für das Bereitstellen des Rezensionsexemplars.