Rezension

Zweiter Band wird auf jeden Fall gelesen

Anatomy -

Anatomy
von Dana Schwartz

Bewertet mit 4 Sternen

»Anatomy« hatte mich zunächst aufgrund dieses Wahnsinnscovers verzaubert. Nachdem ich dann den Klappentext gelesen hatte, fieberte ich der Erscheinung der deutschen Übersetzung entgegen. Edinburgh, 19. Jahrhundert, Medizin, eine taffe Protagonistin und nebenbei noch eine Liebesgeschichte – das alles erschien mir eine tolle Kombination zu sein. Und das war es im Grunde auch, nur eine kleine Sache gab es da, bei der ich mich noch nicht so sicher bin, wie ich sie für mich bewerten soll.
Die Handlung startet mit Hazel, deren Interesse für Medizin schon von Beginn an vermittelt wird. Seitdem sie klein ist, träumt sie davon, einen Beitrag in der Medizin und auch speziell der Chirurgie zu leisten. Doch als Frau wird ihr der Zugang immer wieder aufs Neue verwehrt, weshalb sie keine andere Möglichkeit sieht, als sich, verkleidet mithilfe der alten Klamotten ihres Bruders, im Medizinunterricht des renommierten Dr. Beecham einzuschleusen. Doch ihre Lüge fliegt auf, was überraschenderweise in einem Deal zwischen ihr und Beecham resultiert. Sie soll die Abschlussprüfung abschließen, allerdings ohne den Unterricht weiter zu besuchen. Da kommt ihr Auferstehungsmann Jack Currer gerade gelegen, der sie gegen Geld mit Leichen beliefert. Doch schnell wird klar, dass in Edinburgh etwas Komisches vor sich geht.
So weit, so interessant. Allerdings muss man hier kurz einwerfen, dass diese Infos im Klappentext gegeben werden und man bereits bis ungefähr zur Hälfte in der Geschichte steckt. Das hat mich allerdings nicht gestört, da ich einerseits den Klappentext nicht mehr gänzlich im Kopf hatte und mich andererseits Schreibstil und Handlungsverlauf komplett für sich eingenommen hatten. Hazel mochte ich wahnsinnig gerne – ihre Neugierde, Hartnäckigkeit und Hilfsbereitschaft. Auch Jack hat sich irgendwann in mein Herz geschlichen, obwohl seine Perspektive weniger im Fokus stand. Insgesamt war ihre Liebesgeschichte nicht handlungsvorherrschend. Ich habe es sehr genossen, wie sie nebenher lief, sich langsam aufbaute und am Ende große Gefühle entstanden – der Vibe zwischen den beiden hatte mich auf jeden Fall erreicht.
Besonders mochte ich auch, welche Themen und Debatten aufgegriffen wurden. Neben dem Horror der frühen Medizin und der Unterdrückung der Frau wurden auch Fragen diskutiert wie: Welchen Wert hat ein Menschenleben? Wie viele Teile kann man ersetzen, bis die Originalität verloren geht?
Die einzige Sache, bei der ich mir noch nicht sicher bin, wie ich sie fand, hat mit den fantastischen Elementen zutun, die besonders am Ende der Handlung zum Tragen kamen und die Auflösung der Geschichte unterstützten. Bereits beim Prolog kam bei mir die Frage auf, ob die Geschichte eine wahrscheinliche Realität abbilden soll oder ob sie sich fantastischen Elementen bedienen wird. Weiter in der Handlung erschien mir irgendwann eine Auflösung durch einen gewissen Anteil von Fantasy unumgänglich – und damit behielt ich dann wohl auch recht. Einerseits hätte ich eine realitätsnahe Geschichte spannend gefunden, aber andererseits muss ich sagen, dass das natürlich auch interessante Möglichkeiten für die Fortsetzung bietet.
Ich werde auf jeden Fall den zweiten Band lesen und mich davon überraschen lassen, was die Autorin noch für die Handlung geplant hat. Eventuell kann ich nach der Lektüre den einen Aspekt auch besser für mich einschätzen. Klar als Pluspunkt hervorheben möchte ich aber noch einmal den Schreibstil und die Ausarbeitung der Charaktere. Insgesamt konnte mich Dana Schwartz überzeugen und ich möchte das Buch gerne jedem ans Herz legen, der sich für die genannten Themen interessiert, aber auch für ein bisschen Fantasy bereit ist.