Rezension

Kein neuer Meilenstein unter den Dystopien

Die Auslese - Joelle Charbonneau

Die Auslese
von Joelle Charbonneau

Dystopie Nr. 976 - Altbewährtes, kleine neue Ideen, wenig Abwechslung...

Inhalt 
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In Cias Gesellschaft gibt es keine Zufälle. Nach tragischen Vorfällen in der Vergangenheit dürfen nur die Besten das Land regieren. Nur wenige werden überhaupt zur "Auslese" zugelassen, dort soll sich zeigen, wer das Zeug dafür hat Anführer zu werden. Cia schätzt sich überglücklich, als sie die frohe Botschaft erhält. Gemeinsam mit Gleichaltrigen reist sie zur Auslese und muss sich den hohen Anforderungen stellen. Schon bald merkt sie, dass es sogar um Leben oder Tod geht...

Mein Eindruck
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Mittlerweile muss eine Dystopie einiges leisten, um mich von den Socken zu hauen. "Die Auslese" verspricht atemberaubende Spannung und eine mitreißende Geschichte. Doch letzten Endes hat sich das Buch für mich leider nur gelesen, wie aufgewärmter Brei. Cia ist die Standard 0815-Dystopie-Heldin, die man in jedem zweiten Buch kennenlernt. Zu Beginn überzeugt, ein klein wenig naiv und vom ganzen Herzen nur auf das Gute im Menschen bedacht. Auch "Die Auslese" hält sie lange Zeit für eine gute Sache, erst 20 Seiten vor Schluss macht es bei ihr Klick, doch dazu später mehr.

Im Grunde bleibt die Welt ziemlich blass. Es gibt wohl verschiedene Kolonien, in denen die Menschen unterschiedlich leben. In Cias Kolonie wird sich der Agrikultur gewidmet. Ihr Vater hat seinen eigenen Betrieb, entwickelt dort neue Pflanzen und Anbaumöglichkeiten. Auf diesen Lebensweg will Cia jedoch nicht beschränkt bleiben, ihr schwebt Größeres vor. Umso glücklicher ist sie, als sie als eine der wenigen auserwählt wird, bei der "Auslese" teilzunehmen. Ab dann teilt sich das Buch in verschiedene Phasen auf, entsprechend der einzelnen Prüfungsabschnitte der "Auslese".

Hierbei muss ich sagen, dass mir die Phasen unterschiedlich gut/schlecht gefallen haben. Die Vorgeschichte und der Weg zur Auslese waren recht ereignislos und sollten den Leser in die Welt hineinführen. Danach folgen erste Einführungstests, das Tempo bleibt gering. Erst dann kommen praktische, teils auch psychologische Tests, die mir vom ganzen Buch am besten gefallen haben. Wäre das restliche Buch in diesem Muster geblieben, hätte ich es nicht einmal schlecht gefunden. Leider beschließt die Autorin daraufhin, den "Panem"-Weg einzuschlagen. Es geht ums nackte Überleben, Zeit, Kontrahenten und einzelne Herausforderungen spielen eine große Rolle. Hunderte von Seiten schlägt sich Cia in der Wildnis rum, gepaart mit einer mehr als nur dürftigen Liebesgeschichte. Das war weder gut gemacht, noch sonderlich spannend. Meiner Meinung nach hätte die Autorin lieber bei den logischen Tests bleiben sollen, als da künstlich "Action" einzuschieben.

Meiner Meinung nach ist es auch nicht wirklich logisch, dass in einer normal fortschrittlichen Welt auf einmal total verwahrloste Gebiete (!) mittendrin liegen. Weshalb sollte ich auch die talentiertesten und größten Hoffnungsträger meines Landes a lá Jungle Camp aussetzen und warten, was passiert? Die ganze Anzahl an Verlusten ist verschwendetes Humankapital, das sich keine vernünftige Gesellschaft erlauben würde. Selbst wenn es nicht für die Besten der Besten reicht, gibt es doch noch 100 Positionen, für die man klugen und qualifizierten Nachwuchs einsetzen kann. Sie einfach sterben zu lassen ist völlig sinnfrei.
Auch Cia merkt dann irgendwann, dass diese Gesellschaft nicht das Gelbe vom Ei ist. Natürlich erst, wenn es längst zu spät ist. Für eine Auserwählte hat sie Weisheit leider auch nicht gerade mit dem Löffel gefuttert.

Fazit
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In "Die Auslese" wird einem leider nichts geboten, das man nicht schon aus unzähligen Dystopien kennen würde. Lediglich ein Abschnitt der Prüfungsphase hat mir echt gut gefallen, solche Aufgaben haben für mich Potenzial. Danach kommt leider getreu nach dem Motto alt und bewährt wenig Neues. Auch Cia als Charakter konnte die Geschichte nicht groß aufwerten, dafür war sie viel zu naiv und einfach gestrickt. Ihr Begreifen kam für meinen Geschmack auch deutlich zu spät. Ich kann mir schon denken, was in der Richtung in den Folgebänden kommt. Damit hat sich "Die Auslese" leider einmal mehr in den Einheitsbrei der Dystopien eingereiht.

Kein neuer Meilenstein unter den Dystopien