Rezension

Vertraue Niemandem außer mir, wenn ich euch sage, LEST DIESES BUCH

Die Auslese - Joelle Charbonneau

Die Auslese
von Joelle Charbonneau

Mittlerweile kennt ihr glaube ich meinen Lesegeschmack recht gut und somit wisst ihr, dass ich nicht der allergrößte Dystopie-Fan unter Gottes Sonne bin. Im Gegenteil. Ich stehe ihnen immer sehr kritisch gegenüber und es gibt nur wenige, die mich vollends begeistern konnten. Umso neugieriger war ich, ob sich „Die Auswahl“ in diesen kleinen Kreis einreihen könnte.

Die ersten Sätze kamen mir fast schon irgendwie bekannt vor ... ein junges Mädchen dass sich vor einem Spiegel auf eine Zeremonie vorbereitet ... naaaaa klingelt es bei euch???? So ähnlich beginnt auch „Die Bestimmung"! Über mein Gesicht zog sich ein lächeln denn dieser Roman gehört zu den wenigen Dystopien, die ich liebe! Nun hoffte ich natürlich, dass es nicht einfach nur ein einfallsloser Abklatsch werden würde und an dieser Stelle möchte ich euch gleich beruhigen ... NEIN, das ist „Die Auslese“ weiß Gott nicht! Durch die Kurzbeschreibung könnte man ebenfalls vermuten, dass wir mit diesem Buch ein neues „Panem“ erleben, aber auch diesen Zahn kann ich euch gleich ziehen. Sicher, es gibt kleine Parallelen zu beiden Reihen aber Joelle Charbonneau hat hier eine ganz eigene, wahnsinnig spannende Geschichte erzählt.
Zunächst verschafft sie uns einen kleinen Überblick über die Familie der Protagonistin Cia und die Kolonie, in der sie und Tomas, der männliche Protagonist leben. Dieser kleine Einblick ist ein gelungener Start und holte mich auf Anhieb in die Story. Nach wenigen Seiten taucht man nun tiefer ein in diese befremdliche, futuristische Welt. Kriege haben die Welt wie wir sie kennen zerstört. Die Umwelt ist verseucht, Tiere und Pflanzen mutiert und die Menschen versuchen, diese Erde zu regenerieren. Zukünftig sollen die Führungspersönlichkeiten dieser Welt sorgsam ausgesucht werden, um weitere katastrophale Kriege zu vermeiden. Nur den Besten soll es erlaubt sein, große Entscheidungen zu treffen. Und so werden aus den verschiedensten Kolonien junge Männer und Frauen ausgesucht, die sich der Auslese stellen müssen. Die Autorin ließ mühelos dieses Szenario in meinem Kopf entstehen und ich war schnell begeistert von ihren bildlichen Beschreibungen. Es ist eine kalte, karge Welt und die Auslese, die Cid durchstehen muss, ist grausam.
Ein kurzes Zitat auf Seite 125 macht nicht nur dies deutlich, es ist auch ein kleiner Vorgeschmack darauf, was den Leser und Cia erwartet ...
„Man hat ihr dabei zugeschaut, wie sie hilflos gegen das Seil ankämpfte und verzweifelt versuchte, ihren Hals mit den Händen aus der Schlinge zu befreien. Und auch, wie ihr Körper schließlich schlaff wurde.
Sie hätten sie retten können.
Stattdessen haben sie sie sterben lassen,

Nicht nur Orte und Personen bringt Joelle Charbonneau dem Leser sehr schnell Nahe. Sie schafft es eben auch spielend, Emotionen zu wecken und davon gibt es in „Die Auslese“ wirklich eine ganze Menge!
Freundschaft, Vertrauen und Loyalität sind wichtige Werte in dieser Geschichte. Satz für Satz wurde mir diese Erkenntnis klar und die Autorin weist uns immer wieder auf diese Wertmaßstäbe und ihre Gewichtung hin. „Vertraue niemandem“ so lesen wir immer wieder und doch wollte ich als Leser, genau wie die Protagonistin Cia vertrauen! Aber wem kann sie wirklich trauen? Diese Frage beschäftigte mich von Anfang bis Ende. Die Autorin leitete mich geschickt auf die unterschiedlichsten Fährten. Ob und eine davon richtig war, verrate ich natürlich nicht. Auch Mrs. Charbonneau lässt den Leser ganz schön zappeln.
„Die Auslese“ ist hart und zeitweise nichts für sanfte Gemüter. Menschen sterben, skrupellos kämpfen die Teilnehmer um das Bestehen. Nicht zu verachten ist aber auch der psychische Druck dem Cia und alle anderen Teilnehmer ausgesetzt sind und wieder kann ich nur sagen, Joelle Charbonneau gibt dies erstklassig an die Leser weiter. Über die Geschichte möchte ich euch nicht mehr erzählen, als die Kurzbeschreibung hergibt, denn jede noch so kleine Zusatzinfo würde euch ein Stück dieses Lesevergnügens berauben. DAS kann ich nicht verantworten!
So wichtig wie der Schreibstil und die Story sind natürlich auch ihre zentralen Figuren. Und als hätte ich nicht schon genug geschwärmt kann ich auch hier nur sagen „Hut ab“ für solche glaubwürdigen und eindringlichen Protagonisten.
Cia war mir durch ihre ehrliche Art sofort sympathisch. Doch es steckt viel mehr in diesem jungen Mädchen, als man zunächst ahnt. Ihr Charakter lebt durch Stärke, Mut, Instinkt und Mitgefühl und sie gehört ganz sicher zu den Romanheldinnen, die man nicht so schnell vergessen wird.
Tomas ist der Beschützer. Er steht ihr zur Seite und mit ihm bahnt sich langsam eine zarte Liebesgeschichte an. In diesen wenigen romantischen Momenten ohne Furcht, Entsetzen und Gefahr wurde mir ganz leicht ums Herz und ich genoss die kleine „Verschnaufpause“ zwischen all den Grausamkeiten. Doch auch diese Liebe sorgt für Dramatik. Aber auch hier sind meine Lippen wieder verschlossen ...
Es gibt noch eine ganze Reihe anderer toller Figuren, die dem Roman nicht nur Abwechslung, sondern auch ganz viele Geheimnisse bringen. Lernt sie am besten alle selber kennen und entscheidet, ob sie vertrauenswürdig sind.
Das Ende ist … oh mein Gott! Ich habe wirklich nicht gedacht, dass man die Spannung und den Nervenkitzel, der sich durch den gesamten Roman zieht und dem Leser kaum Zeit lässt zu Atem zu kommen, zum Schluss noch einmal steigern könnte. Joelle Charbonneau konnte es! Und zwar sehr eindrucksvoll!

Mit „Die Auslese“ hat Joelle Charbonneau einen grandiosen Auftakt einer neuen dystopischen Trilogie geschrieben. Wer „Die Tribute von Panem“ oder „Die Bestimmung“ liebt, der wird mit „Die Auslese“ grandiose Lesestunden verbringen. Es steht den großen, bisher bekannten Dystopien in nichts nach! Bei Weitem nicht! Paramount Pictures hat sich die Option auf die Filmrechte gesichtert Mich würde es nicht wundern, wenn ich hier auch den Auftakt eines neuen Kino-Blogbusters gelesen hätte!
Trotz möglicher Vergleiche und gewissen Ähnlichkeiten ist es der Autorin aber zweifellos gelungen, eine eigene fantastische Story zu schreiben, der es an Spannung in keiner Sekunde mangelt. Ein atem(be)raubendes Abenteuer, das man einfach lesen muss! Selten habe ich einen Roman gelesen, der mich als Leser dermaßen mitgerissen hat. Hier liest man nicht einfach nur, hier ist man mittendrin! Und wieder einmal bin ich froh, dass es eine Trilogie werden wird, den ich will mehr, mehr, vieeeeeeeeeeel mehr!
Zuletzt noch ein guter Rat:
VERTRAUE NIEMANDEM – außer mir, wenn ich euch sage, dieses Buch ist der Wahnsinn!