Rezension

Nett aber zu viele Kritikpunkte

Die Auslese - Joelle Charbonneau

Die Auslese
von Joelle Charbonneau

Bewertet mit 3 Sternen

Malencia, kurz Cia, lebt mit ihrer Familie in einer Gesellschaft, die nur wenige ihrer besten Schüler an die Universität schickt und alle anderen arbeiten lässt. Das Land ist weitestgehend unfruchtbar und so müssen alle Resourcen vorsichtig und nachhaltig verwendet werden. Die Menschen leben in verschiedenen Kolonien, von denen einige ärmer und andere reicher sind. Doch egal woher sie kommen, alle Jugendlichen haben den selben Traum: Sie möchten bei der Auswahlzeremonie, die Auslese genannt wird, beweisen dass sie die schlausten sind und sich somit einen der heiß begehrten Plätze an der Universität in der Tosu-Stadt sichern. 

So nimmt auch Cia an ihrer Abschlussprüfung teil und hofft inständig darauf, für die Auslese ausgewählt zu werden. Doch als das tatsächlich passiert erfährt sie von ihrem Vater, der einst auch Absolvent war, dass die Auslese so ganz und gar nicht das ist, was Cia bisher erwartet hat. 

Auch Tomas, Cias Freund seit Kindheitstagen, wird ausgewählt an der Auslese teilzunehmen und schon bald verstärkt sich das Band zwischen den beiden. Doch kann sie ihm vertrauen? Kann sie überhaupt einem Menschen in ihrem Umfeld vertrauen?

Die dystopische Welt, die Joelle Charbonneau erschaffen hat, ist gar nicht so weit hergeholt wie man vielleicht denkt. Es gab verschiedene Stadien des Krieges und die Erde ist kontaminiert, die verbliebenen Menschen müssen lernen wie sie die Welt wieder fruchtbar machen können. Dies ist ein langer und steiniger Weg, den Charbonneau gut dargestellt hat. Die Kolonien und das "Staatsoberhaupt" Tosu-Stadt erinnern ein Wenig an die "Tribute von Panem", was ich aber nicht störend fand. 

Die Auslese an sich fand ich auch gut umgesetzt, vor allem die verschiedenen Aufgaben in Phase 1 bis 3 der Auslese. Dass es in Phase 4 dann um einen Wettlauf und das reine Überleben geht, war irgendwie abzusehen. Vielleicht habe ich dafür schon zu viele Dystopien dieser Art gelesen, als dass mich das noch überraschen könnte. 

Die Umsetzung war gut und eingängig, kurzweilig und auch spannend, jedoch nur selten wirklich überraschend. Aber auch wenn ich das Buch gerne gelesen habe, hatte ich doch auch so meine Schwierigkeiten mit einigen Punkten.

Zum Beispiel hatte ich mit Cia so meine Probleme. Am Anfang kann ich sie in ihrer Nervösität und ihrem Wunsch, an die Universität zu dürfen, noch verstehen und auch ihre Verzweiflung als sie ungeheuerliche Dinge von ihrem Vater erfährt, lässt sich für mich gut nachvollziehen. Doch sehr schnell bleiben diese Gefühle für mich total auf der Strecke, Cia wirkt farblos, sie hat einfach keinen Tiefgang. Hochdramatische Szenen wie der Selbstmord ihrer Zimmergenossin sind ziemlich schnell abgehandelt und leider auch keineswegs überraschend für mich. Liegt es am Schreibstil, der mir einfach zu schnell ist, bei dem nicht viele Gefühle transportiert werden?

Auch muss ich sagen, dass mir die Namen in "Die Auslese" überhaupt nicht gefallen. Zeen, Michal, Zandhri... um nur einige zu nennen, die mich gestört haben. Das ist natürlich Geschmackssache aber ich finde hier hat die Autorin mit der Kreativität doch ein wenig übers Ziel hinausgeschossen. Allerdings ist das wiederum nicht SO störend, wie es sich in meiner Rezension nun anhören mag. Hat man sich einmal an die Namen gewöhnt, dann geht es. Vorlesen möchte ich dieses Buch jedoch nicht müssen, da hätte ich wirklich teilweise Probleme bei der Aussprache.

Was mich aber am meisten gestört hat ist leider die Liebesgeschichte zwischen Cia und Tomas. Wo kommt die plötzlich her? Okay, die beiden sind seit Kindertagen enge Freunde aber wieso kommt ihr Tomas sofort so nahe als die zur Auslese auserwählt werden? Es gibt scheinbar überhaupt keine Phase der Unsicherheit, im einen Moment sind die beiden vollkommen distanziert und im nächsten halten sie Händchen, küssen sich und sind ein Paar. Und was fühlt Cia dabei? Die Gefühle bleiben auch hier wieder vollkommen auf der Strecke, die Beziehung der beiden entwickelt sich für mich nicht, nein, im Gegenteil: Sie muss man einfach als gegeben hinnehmen. Als ob man eine Dystopie auf keinen Fall ohne Liebesgeschichte schreiben könnte, als sei das ein ungeschriebenes Gesetz, so kommt es mir leider in "Die Auslese" vor. Das finde ich sehr schade und hoffe da auf etwas mehr Action im Folgeband. 

Auch wenn ich einige Kritikpunkte habe, war "Die Auslese" durchaus eine nette Lektüre und ein zwar nicht überragender, dennoch guter Auftakt einer dystopischen Reihe, die ich weiter verfolgen werde.  Zwiegespalten vergebe ich 3 von 5 Sternen und hoffe dass in Teil 2 das vorhandene Potential der Geschichte noch etwas mehr ausgeschöpft wird.