Rezension

Zurecht gehypt

Morgen, morgen und wieder morgen -

Morgen, morgen und wieder morgen
von Gabrielle Zevin

Bewertet mit 4.5 Sternen

MEINUNG:

Morgen, Morgen und wieder morgen ist ein Buch, dem man sich momentan nur schwer entziehen kann. Ich muss sagen, dass ich am Anfang gar nicht mal so interessiert war, denn mit der Gaming Welt konnte ich mich noch zu keinem Zeitpunkt in meinem Leben so richtig identifizieren, aber ich wollte dem Buch eine Chance geben und mich überzeugen lassen.

Wir befinden uns zu Beginn des Buches in 1990er Jahren in New England, Massachusetts. Sadie und Sam treffen sich in Harward wieder, wo Sam studiert. Beide kennen sich schon aus der Kindheit, wo sie zusammen viel gezockt haben. Die Leidenschaft haben beide nicht abgelegt. Sallie ist angehende Designerin für Computerspiele. Beide fangen wieder an sich zu treffen und natürlich auch zu zocken. Dabei kommt ihnen die Idee für ein Spiel, was sie zusammen entwickeln können. Mit dem Erfolg des ersten Spiel fangen aber auch die ersten Rivalitäten

Den Anfang fand ich ein bisschen schwierig, da ich erstmal in die Geschichte reinkommen musste. Man ist sofort Mitten in dem Wiedersehen von Sam und Sallie, aber ich habe noch nicht verstanden, was sie verbindet. Das wird dann immer durch diverse kleinere Rückblenden erzählt. Mit dem Verlauf der Geschichte wird das dann besser. Das Buch spielt ingesamt über einen ziemlich langen Zeitraum und ist in mehrere Abschnitte eingeteilt, was normal bei solchen langen Zeiträumen ist, aber man könnte auch denken, dass es wie ein Spiel aufgebaut ist. Stilmäßig hat die Autorin sehr viele Elemente aus dem Gaming-Universum übernommen. Das Buch ist von großer Kreativität und unerschöpflichen Einfallsreichtum. Auf jeden Fall muss man kein Gamer sein, um dieses Buch zu mögen und zu verstehen und dennoch ist sehr faszinierend in die Welt des Gaming abzutauchen. Ich habe viele gelernt, wie ein Spiel designt und programmiert wird. Ich habe gelernt, worauf es bei einem guten Spiel drauf ankommt, aber ohne dass Gabrille Zevin, selbst Gamerin, uns mit seitenlangen Beschreibungen langweilt. Sie bringt außerdem so viele Meta-Ebenen in dieses Buch und Quer-Verweise zu Popkultur und Literatur. Selten hat mir auch die Wahl eines Buchtitels so sehr gefallen und ist sich absolut stimmig.

Das Buch ist die Geschichte über Freundschaft, aber auch über Liebe. Die Freundschaft zwischen Sam und Sallie gestaltet mit zunehmenden Erfolg der gemeinsamen Firma als immer schwieriger heraus. Es kommt zunehmen zu Konflikten und auch zu Rivalitäten. Für mich war das nachvollziehbar, denn auch wenn man befreundet ist, ist es nochmal etwas anderes, wenn eine Firma zusammen hat. Es geht meistens um Erfolg, Geld und das sich selbst profilieren. Sam und Sallie haben davon z.T. abweichende Vorstellungen. Ich mag es sehr, dass die Autorin Sam und Sallie in all ihren guten und schlechten Seiten darstellt und damit authentische und vor allem fehlbare Charaktere geschaffen hat. Ich habe mich an beiden Charakteren gerieben, d.h. einige ihrer Eigenschaften und Entscheidungen fand ich nicht immer nachvollziehbar, weil es vorauszusehen war, dass es dann Konflikte gibt. Natürlich kann aber nicht jeder immer aus seiner Haut. Objektiv betrachtet als LeserIn ist immer leichter gesagt. Es gibt einen dritten wichtigen Hauptcharakter, Marx, der Mitbewohner von Sam. Marx ist mein Lieblingscharakter gewesen (und sicher von ganz vielen), weil Marx einfach ein großer Herz hat und durch seine angenehme, vor allem fürsorgliche Art der "Puffer" zwischen Sallie und Sam ist. 

Mir hat auch besonders gut gefallen, dass die Autorin sehr viele aktuelle politische und gesellschaftliche Themen unter gebracht hat, auch wenn sich diese natürlich vor allem auf die USA bezogen haben, z.B. die Ehe für alle, Rassismus gegenüber Personen mit asiatischem Migrationshintergrund, aber auch die Rolle der Frau im Gaming-Business und in der Gesellschaft allgemein . Diesen Themen hat sie nötigen Raum gegeben, ohne dabei die Haupthandlung zu stören. Mir gefiel außerdem das Setting, dass zunächst an der von mir sehr geliebten Ostküste spielt und dann nach Kalifornien wechselt. Beide Küsten sind so unterschiedlich und die Autorin hat das Leben dort sehr gut eingefangen, in dem auch immer wieder bekannte Orte, Straße und natürliche Klima erwähnt werden.  Ich glaube, dass die Autorin die 1990er Jahre einerseits ausgewählt hat, weil sie selbst dort groß geworden ist und andererseits war das Programmieren und Designen von Spielen damals einfach noch deutlich anders und jede Entwicklung war sensationeller, da im Gegensatz zu heute vieles noch gar nicht möglich war.  

FAZIT:

Morgen, Morgen und wieder morgen ist ein Buch ist ein großer Roman, der sich über Jahrzehnte erstreckt und nicht nur etwas für Gaming-Fans ist. Ich mochte die Freundschaft(en), die die Autorin hier gestrickt hat, aber die unglaubliche Vielschichtigkeit an Themen, die darüber hinaus noch untergebracht wurde. Ich bewundere auch die Kreativität, mit der Geschichte aufgebaut und geschrieben worden ist.