Rezension

gefühlvolle College-Liebesgeschichte

Dark Ivy – Wenn ich falle -

Dark Ivy – Wenn ich falle
von Nikola Hotel

Bewertet mit 4 Sternen

Das College soll für Eden Collins ein Neuanfang werden. Endlich nicht mehr die sein, über die getuschelt und die von allen schräg angeschaut wird. Endlich nicht mehr die, die in Schuldgefühlen ertrinkt und allein bleibt. Dank eines Stipendiums bekommt Eden an der Woodford Academy die Chance auf diesen Neuanfang. Doch kann sie ihre Vergangenheit wirklich hinter sich lassen? Und was, wenn ihre neuen Kommilitonen herausfinden, was vor knapp einem Jahr geschehen ist?
Schon der erste Tag bringt die Protagonistin an ihre Grenzen und zeigt, dass elf Monate noch lange nicht genug sind, um alles hinter sich zu lassen.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr leicht gefallen. Ich fühlte mich direkt mitgenommen von Eden, die so darauf hofft, endlich einen neuen Anfang machen zu können. Auch wenn man zu Beginn noch nicht alle Hintergründe und Zusammenhänge kennt, wird schnell klar, dass etwas Schlimmes passiert sein muss vor elf Monaten.
Der Schreibstil von Nikola Hotel ist angenehm, flüssig zu lesen und sehr gefühlvoll. Immer wieder mischen sich ernste und auch mal bedrückende Themen mit in die Handlung. Es gibt aber auch Passagen, in denen positivere Gefühle und die aufkeimende Liebe eine Rolle spielen.
Durch die Ich-Perspektive erhält man sehr intensive Einblicke in die Gefühlswelt der achtzehnjährigen Eden. Ich empfand ihre Emotionen als sehr nachvollziehbar beschrieben. Einige der Szenen sind mir sehr nah gegangen. Ihre Erinnerungen, die sie immer mal wieder überrollen, lösen bedrückende Gefühle aus. Ihre Zerrissenheit und ihr Schmerz werden greifbar und auch, wieso sie nicht einfach so loslassen kann. Umso beeindruckender ist, dass sie im Verlauf des Buches kleine Schritte in diese Richtung schafft, mit Hilfe der anderen, die sie am College kennengelernt hat. Es ist nicht immer einfach, aber man hat den Eindruck, ein paar kleine Risse in ihr beginnen zu heilen.

Eden ist eine von eher wenigen in Woodford, die nicht von einer Privatschule oder aus einer reichen Familie kommen. Ohne das Stipendium hätte sie sich das Elitecollege niemals leisten können. Auch neben der Schule musste sie teilweise arbeiten gehen, um sich ein paar Extras leisten zu können.Das spürt Eden an verschiedenen Stellen, es ist aber nicht so, dass die anderen sie deswegen meiden oder ausschließen. Es sind eher so Einstellungen, die kollidieren oder eben die Tatsache, was man sich nebenbei mal leisten kann. Mit der Zeit wird aber auch deutlich, dass auch die reichen Kids so ihre Sorgen und Probleme haben. Sie kämpfen eben mit und gegen andere Vorurteile als sie, aber es ist nicht automatisch immer alles gut oder einfach, nur weil man in einer wohlhabenden Familie aufgewachsen ist.
Protagonist William ist einer von den „Reichen“. Seine Familie ist extrem wohlhabend, trotzdem scheinen sie aber größtenteils bodenständig geblieben zu sein. Die Einblicke in seine Familie empfand ich als sehr angenehm, weil sie nicht abgehoben oder überheblich auf mich wirkten, sondern sehr herzlich. Viele denken, Will bekommt alles in den Schoß gelegt bzw. geschenkt – und was materielle Dinge angeht, mag das vielleicht auch stimmen, obwohl er auch dort auf das eine oder andere verzichtet, aber auch er muss für seine Erfolge arbeiten. Er kämpft mit einer anderen Art von Druck und gegen Vorurteile, an die man vielleicht selbst gar nicht denkt, wenn man anders aufgewachsen ist. William ist zu Beginn teilweise etwas schroff und abweisend, was wohl auch eine Art Selbstschutz ist, man erlebt nämlich auch immer wieder Situationen, in denen er angegafft und gefilmt bzw. in denen über ihn getuschelt wird. Und das liegt nicht nur an seinem Feuermal. Im Verlauf der Geschichte zeigt er jedoch andere Facetten, lässt seine Mauern fallen und zeigt Eden auch die Unsicherheiten, die ihn begleiten.

Die Dynamik zwischen den Protagonisten hat mir gut gefallen. Die Stimmung zwischen ihnen verändert sich spürbar, es liegt ein Knistern in der Luft, das beide ziemlich aus der Bahn wirft und gleichzeitig auch neue Fragen und Ängste aufwirft. Beide haben da mit unterschiedlichen Dingen zu kämpfen und aus der jeweiligen Position erscheint es auf jeden Fall auch nachvollziehbar. Durch viele schöne Dialoge und Gedankengänge öffnen sich beide für die Position ihres Gegenüber, versuchen nachzuvollziehen und zu verstehen, was in ihm bzw. ihr vorgeht und wieso das manchmal vielleicht ganz anders ist, als man selbst erwartet hatte. Sie entwickeln ein schönes Verständnis füreinander, stützen sich und nehmen den anderen ernst. Immer wieder fließen wirklich schöne Botschaften in die Geschichte mit ein. Die Atmosphäre war für mich sehr stimmig, angenehm und berührend. Auch die Gestaltung der Liebesszenen hat mir gut gefallen. Die Mischung aus ernsten und leichteren Themen, gepaart mit der Leidenschaft zwischendurch passte aus meiner Sicht gut zusammen.
Auch einige andere Leute vom College spielen in der Handlung eine Rolle, es ist insgesamt aber schon sehr zentriert auf Eden und Will. Schön war auch die Querverbindung zu einer anderen Reihe der Autorin. Man benötigt aber kein Vorwissen, damit man da die Zusammenhänge versteht. Sollte man die anderen Figuren nicht kennen, verpasst man nichts in der Handlung.
Schön waren auch die kleinen „Extras“, die ins Buch mit einfließen, wie der Austausch von Textnachrichten auf unterschiedliche Weise. Diese Abschnitte sind im Buch optisch gut abgegrenzt und damit kleine Eyecatcher.

Leider hat mir das Ende dann aber nicht so gut gefallen, obwohl ich die Geschichte bis dahin wirklich gern mochte. Wie sich die Intensität und Dynamik im Buch langsam gesteigert haben, ohne dabei zu sehr auf Drama zu pochen. Es ist teilweise schon eher unaufgeregt von der Stimmung, aber ich mochte das, weil man eben sehr bei den Charakteren ist und in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintaucht. Dass es dann doch noch etwas mehr Drama gab, störte mich als Fakt an sich nicht. Aber ich empfand das Ende einfach nicht als wirklich passend für den Rest des Buches, vor allem was die Reaktion des Protagonisten anging. Trotzdem werde ich den zweiten Band bestimmt lesen, weil ich gern wissen möchte, wie es weitergeht.

Fazit

Eine Geschichte, die mir an vielen Stellen unter die Haut ging. Ich mochte die Dynamik zwischen den Charakteren und wie sich alles langsam aufbaut und steigert. Die Handlung ist teilweise schon eher ruhig und unaufgeregt, ich fand es aber trotzdem schön und interessant zu verfolgen, weil man einfach sehr nah an der Protagonistin ist, der Fokus auf der Gedanken- und Gefühlswelt liegt und man sie dabei begleitet, wie sie sich bemüht, neu anzufangen, dabei aber auch immer wieder von der Vergangenheit eingeholt und überrollt wird. Kleine optische Highlights werten das Buch zusätzlich auf. Nur das Ende hat mir leider nicht so zugesagt, was schade ist, weil das ja der letzte Eindruck ist, mit dem man aus der Geschichte geht. Band zwei werde ich aber bestimmt trotzdem lesen.