Rezension

Kyla ist anders

Gelöscht - Teri Terry

Gelöscht
von Teri Terry

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn man geslatet wird, wenn man zu den Slatern gehört, bekommt man das gesamte Gedächtnis gelöscht. Wer auch immer man vorher war, was man getan hat - Tabula Rasa. Ein Neuanfang, das Leben fängt von vorn an. Kyla ist so jemand, der geslatet wurde. Sie ist wie ein Baby, musste das ganze Leben erst wieder lernen. Laufen, reden, Dinge tun, die sechzehnjährige Mädchen eigentlich im Schlaf tun könnten. Und dann bekommt sie eine neue Familie, eine, die regierungskonform ist, und in der man dafür sorgt, dass Kyla auf jeden Fall ein nützliches Mitglied der Gesellschaft wird. Sie muss jederzeit einen Levo tragen, ein Gerät, das ihre Gefühle aufzeichnet und dafür sorgt, dass sie nie mehr wütende Aktionen durchführen kann, das sie sogar töten kann, wenn sie ihre Gefühle nicht im Griff hat.
Nach und nach erst begreift Kyla, was das für sie wirklich bedeutet. Bevor sie geslatet wurde, muss sie etwas Schlimmes getan haben, denn nur die Gedächtnisse jugendlicher Krimineller werden gelöscht. Doch manchmal hat sie Flashbacks, etwas, das nicht sein dürfte. Sie sieht einen Bus voller Kinder, der in die Luft gesprengt wird, sie sieht Gesichter, sie träumt von fürchterlichen Dingen. Wer war sie? Was hat sie getan?

In ihrer neuen Schule lernt sie Ben kennen, einen anderen Slater. Da sie von den meisten anderen Schülern geschnitten oder gar gemobbt wird, wird er ihr Vertrauter, ja, vielleicht mehr. Und dann erfährt Kyla, dass es eine Untergrundorganisation gibt, die sich gegen die Regierung auflehnt, gegen die Lorder, die Mitglieder von Law and Order kämpft. Denn die Regierung ist nicht so bürgernah, wie sie sich gern gibt. Sie überwacht und regelt das Leben jedes Einzelnen, und wer auch nur einen Schritt aus der Reihe tanzt, wird bestraft. Nicht nur Slater, jeden kann es treffen. Kyla muss nicht nur mit ihren seltsamen Träumen, Erinnerungen und diesem neuen Leben klar kommen, sie muss begreifen, dass ihr Levo auf sie anders reagiert als es sollte - Kyla ist anders. Und dann fasst Ben einen folgenschweren Entschluss und Kyla muss sich entscheiden, was sie tun wird ...

Die Autorin entwickelt eine "schöne, neue Welt", die sich nicht sonderlich von der unseren unterscheidet. Überwachungen sind ohnehin schon an der Tagesordnung, hier wird nur einen Schritt weitergegangen. Dass unliebsame Individuen abgeholt werden, dass SS-ähnliche Truppen die Straßen bewachen, das lässt einen Schauder über den Rücken rinnen, denn es erinnert schon sehr an die Nazizeit. Nichts davon wirkt aufgesetzt, die Zukunft ist uns sehr nahe, denn das Jahr 2055 ist nicht zu weit weg von uns. Mit Kyla, Ben, Kylas neuen Eltern, ihrer neuen Schwester, der Schule und all denen, die Kyla und die anderen überwachen, bespitzeln, ist etwas geschaffen worden, das uns sehr genau vor Augen hält, was passieren kann. Eine erschreckende Zukunft, die mir in der literarischen Ausführung gut gefallen hat. Ein paar Abstriche gibt es für ziemlich häufige Wiederholungen derselben Sache (ehrlich, spätestens nach dem dritten Mal wusste jeder, dass Kyla anders ist) oder auch den immer gleichen Träumen. Ein bisschen Abwechslung zwischendrin in den Geschehnissen hätte auch nicht gestört, aber im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich das Buch sehr gern gelesen habe und mich jetzt auch gleich auf den Nachfolger stürzen werde.