Rezension

Viel zu blass und oberflächlich - konnte mich nicht überzeugen

Gelöscht - Teri Terry

Gelöscht
von Teri Terry

INHALT

Als die sechzehnjährige Kyla von ihrer neuen Familie aus dem Krankenhaus abgeholt wird, erinnert sie sich an nichts mehr. Sie wurde geslatet. Ihr Gedächtnis wurde vollständig gelöscht. Bis sie volljährig ist, muss sie ihr Levo mit sich herumführen. Ein Armband, das ihre Gefühle misst und sie umbringen kann, sollte ihr Wert unter 2 klettern: ein Zustand, in dem sie entweder Todesangst hat oder so wütend ist, dass sie jemanden umbringen möchte. 
Doch Kyla bleibt die Chance auf einen friedlichen Neuanfang verwehrt, denn nach und nach erinnert sie sich. Etwas, das eigentlich unmöglich sein sollte... 

MEINE MEINUNG

Allgemein

Gelöscht ist der Auftakt einer neuen dystopischen Trilogie. Band 2 erscheint im Frühjahr 2014. 

Figuren

Protagonistin ist die Ich-Erzählerin Kyla, ein 16-jähriges Mädchen, das gerade aus dem Krankenhaus entlassen wurde, weil sie geslated wurde. Anfangs ist sie sehr naiv und kindlich, weil sie nicht nur alle Erinnerungen an ihr früheres Leben verloren hat, sondern auch nichts mehr mit alltäglichen Gegenstanden anzufangen weiß und von zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso wenig Ahnung hat wie von Autos. Dafür, dass sie wieder bei jung anfängt, lernt sie ziemlich schnell und findet sich schnell in der normalen Welt zurecht. Mir persönlich geht es viel zu schnell und zu leicht, als sie erfährt, wer sie einmal war. Auch ihre Erinnerungen, die als Albträume verpackt sind, verraten sehr schnell sehr viel und was Kyla bis zum Schluss nicht weiß, ahnt der Leser schon nach wenigen Seiten. Manches ist nicht ganz schlüssig. Ihre Erinnerungen spielen zu einer Zeit, in der sie 10 Jahre alt war und angeblich hat sie in dem Alter auch gelernt, Auto zu fahren. Das kann ich mir nicht so richtig vorstellen. Abgesehen davon fehlt mir die emotionale Verbindung zu Kyla. Trotz Ich-Erzähler besteht eine große Distanz und ich konnte nicht mit Kyla mitfühlen. Die beschriebenen Emotionen kamen nicht bei mir an und statt mit ihr zu weinen - was bei Ich-Erzählern eigentlich oft passiert - war sie mir entweder egal oder ich wollte sie schütteln und genervt rufen "Jetzt reiß dich doch mal zusammen!". 

Noch weniger greifbar als Kyla sind die anderen Figuren. Trotz ihrer Blässe sind sie nicht unbedingt vorhersehbar, sind dadurch aber eher noch enttäuschender. Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass eine Figur sich verändert, dass eine zum Verräter wird oder einfach irgendetwas tut, das Geschichte die dringend nötige Spannung verleiht. Doch das einzige was passiert ist eine Verschiebung im Sympathieverhältnis was "Mum" und "Dad" angeht, aber auch das passiert sehr schnell und relativ am Anfang. Gerade von Figuren wie Ben, Phoebe oder Mrs. Ali hätte ich mehr erwartet. Sie sind alle sehr einseitig gezeichnet, erfüllen ein klassisches Klischee ohne lebendig zu werden. 

Plot

Gelöscht zählt eindeutig zu den ruhigeren Dystopien. Aktion, Verfolgungsszenen, Eskalationen, herzergreifende Romantik, tiefe Emotionen, Nervenkitzel... all das sucht man hier vergeblich. Die Handlung bleibt eher statisch und ist recht langatmig. Spannung hat mir gänzlich gefehlt. Das einzige, was mich dazu getrieben hat, weiter zu lesen, war Neugierde. Offene Fragen wie: warum funktioniert Kylas Levo nicht? Wer war Kyla (obwohl man sich das schon nach wenigen Seiten selbst beantworten kann)? Welchen Job übt der Vater aus? Doch all diese Fragen werden am Ende des Buches nicht beantwortet und weiter in den nächsten Band geschoben. 

Es gab viele Drohungen, vor allem von Mrs. Ali und ich habe darauf gewartet, dass sie endlich eine wahr macht, dass endlich einmal etwas passiert. Ich bin von Dystopien gewohnt, dass Regelverstöße sofort und gnadenlos durchgeführt werden, hier war alles nur Gerede um den heißen Brei. Viele Drohungen, viel heiße Luft, aber keine Taten, keine Konsequenzen. 

Was mir gefehlt hat, war das typische Dystopien-Gefühl. Den Hass auf die geschaffene Regierung, den man als Leser beinahe selbst spüren kann. Das tiefe Mitleid mit der Protagonistin, ihre Todesangst, ihr Kämpferherz. Doch eine Figur, die selbst niemals in unmittelbare Gefahr gerät, kann solche Gefühle nicht entwickeln oder wecken. Mir haben eindeutig Ortswechsel oder zumindest Verrat und Intrigen, ein noch härter durchgreifenderer Staat, eine akute Bedrohung der Protagonistin oder irgendetwas in der Art gefehlt. Der Plot ist meiner Meinung nach stark ausbaufähig und Band 2 braucht dringend mehr Spannung. Auch, wenn die Geschichte eher ruhig angesiedelt sein und zum Nachdenken anregen soll, auch solche Geschichten brauchen Spannung. 
Kurz gesagt: mir war es zu berechenbar und schlicht langweilig. 

Die Idee ist in Ordnung, aber nicht neu und könnte drastischer dargestellt sein. Zwischendurch wird das Slaten sogar als barmherzige und rettende Maßnahme dargestellt, was zwar Sinn ergibt, dem ganzen aber noch mehr an Atmosphäre raubt - und davon ist für meinen Geschmack ohnehin schon zu wenig vorhanden. Ähnliche Armbänder wie den Levo gibt es bereits in Geschichten wie Die Verrratenen, das Prinzip der Gedankenmanipulation oder des gelöschten Gedächtnisses taucht in vielen Geschichten auf. Mind Games, Total Recall, Ich.Darf.Nicht.Schlafen, Hourglass etc. Allgemein fehlt es mir an Tiefe. Es wird noch nicht einmal erklärt, wofür der Begriff "Levo" steht, wie das Gerät entstanden ist, etc. Die dystopische Welt wird kurz umrissen, aber nicht genau beschrieben und so bleibt die nötige Atmosphäre aus. Sprich: es fehlt an Tiefe. 

Sprache

Mit dem Stil bin ich bis zum letzten Satz nicht zurechtgekommen. Er ist abgehackt und kurz, was normalerweise für Dynamik sorgt, wirkt hier hölzern und unbeholfen. Die Dialoge waren für meinen Geschmack viel zu unauthentisch, ich haben den Figuren weder ihre Gefühle noch ihre Worte abgenommen. Sie wirken meist viel zu unecht und gestellt. Mir hat der Lesefluss gefehlt und ich musste mich oft zusammenreißen, nicht querzulesen. Leider gar nicht meins. 

Fazit

Blass und zu oberflächlich - eine eher schwächere Dystopie mit Potenzial und Überarbeitungsbedarf

2 von 5 Punkten

Cover 1/2 Punkt, Idee 1 Punkt, Plot 0 Punkte, Figuren 1/2 Punkt, Sprache 0 Punkte
~*~ Coppenrath ~*~ 429 Seiten ~*~ ISBN: 978-3-649-61183-7 ~*~ Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag ~*~ 17,95€ ~*~ 1. Juni 2013 ~*~