Rezension

Spannend bis zum Schluss - schöne Geschichte über das Leben und die Gefahren der Wandler

Touch of Ink, Band 1: Die Sage der Wandler
von Stefanie Lasthaus

Bewertet mit 5 Sternen

Quinn möchte an einer Universität in Nanaimo einen Neuanfang wagen. Zu vieles ist ihr in den letzten Jahren passiert. Als Kind ist sie mit einem Tattoo im Nacken abgegeben und adoptiert worden und als Jugendliche hat sie mit Wutausbrüchen und Visionen zu kämpfen – kein Wunder, dass sich die anderen von ihr abwenden und sie sich selber nicht mehr wohl in ihrer Haut fühlt. Noch dazu tauchen immer wieder Fragen über ihre leibliche Eltern und das Tattoo auf. Zunächst scheint der Neuanfang in Nanaimo zu gelingen, doch als sie dem Studenten Nathan begegnet und herausfindet, dass er auch ein Tattoo im ähnlichen Stil wie ihres besitzt, wird schnell klar, dass sie vor ihren Fragen und ihrem alten Leben nicht fliehen kann und mehr hinter dem Tattoo steckt, als ihr lieb ist. Tauche ein in die Welt der Wandler, in der Gefahren an jeder Ecke lauern und du nicht weißt, wem du trauen kannst.

 

Zunächst begleiten wir Quinn in ihrem Alltag – ihrem Leben in der WG mit ihrer Schwester, ihrem Unialltag und ihrem Versuch, neue Freunde zu finden. In diesen Szenen lernen wir sie zunächst als einen Menschen, der sich kaum von uns „normalen“ Menschen unterscheidet, kennen. Doch schnell merkt Quinn, dass einige ihrer Kommilitonen ein Geheimnis hüten und sie darauf achten muss, wem sie wie viel von ihrem Leben preis gibt, ohne dass es für sie gefährlich wird. Schritt für Schritt treten wir Leser gemeinsam mit ihr ein in eine Welt, in der Sagen und Mythen Leben eingehaucht wird.

 

Erzählt wird die Geschichte überwiegend aus der Ich-Perspektive von Quinn. Schnell wird deshalb klar, dass sie nach außen hin zwar schlagfertig und selbstsicher wirkt, sich jedoch in den letzten Jahren unter ihrer Oberfläche viele Fragen und Unsicherheiten angestaut haben. Wie sie selbst sagt: „Ich war nur zu sehr damit beschäftigt gewesen (…) eine Schublade (zu finden), in die ich mich einordnen konnte, um endlich keine Außenseiterin mehr zu sein, die ihren Platz im Leben nicht fand.“ Durch solche Gedankengänge ist es für uns Leser ein Leichtes, sich mit ihr zu identifizieren bzw. zumindest die meisten ihrer Beweggründe nachzuvollziehen. Sie wirkt, auch nachdem die ersten Antworten auf die Fragen über ihr Tattoo gelüftet sind eben aufgrund solcher Gedanken und ihren ganz normalen Verhaltensweise immer noch wie einer von uns – nur mit einer Verbindung zu besonderen Fähigkeiten.

Die Visionen verunsichern sie und noch dazu fühlt sie sich beobachtet und verfolgt. Keine guten Voraussetzungen für einen Neuanfang – der ersehnte Frieden scheint ihr nicht vergönnt. Vielmehr schlittert sie in eine „Welt“ herein, von deren Existenz sie nie etwas geahnt hat. Trotzdem zeigt ihr Umgang mit diesen Neuigkeiten uns wieder, was für ein starker Charakter sie ist, und dass nichts sie so schnell aus der Bahn werfen kann. Zudem zeigt dieses Buch anhand von Quinn, ihrem Umgang mit der für sie neuen Situation und den anderen Charakteren, dass es immer, egal in welcher Situation man sich befindet, Menschen an seiner Seite gibt, die einem helfen und unterstützen und einen nicht liegenlassen, wenn es mal schwierig wird.

 

Einer solcher Menschen ist der zweite Ich-Erzähler Nathan. Durch ihn erhalten wir Leser schon einige Zeit vor Quinn Einblicke darin, was die in dieser Geschichte erschaffene Welt noch alles bereithält, von dem „normale“ Menschen nicht annähernd etwas ahnen. Doch auch auf Nathan´s Charakter, seine Gedanken und seine innere Anspannung wird ausreichend eingegangen. Er hat mich beim Lesen sofort von sich überzeugt und mich neugierig gemacht, was er verbirgt und wie sich die von Beginn an gute zwischenmenschliche Beziehung zwischen ihm und Quinn verändert bzw. wann sich diese womöglich sogar noch verstärkt.

 

Die beiden Perspektiven ergänzen sich gut, da wir Leser so beide Protagonisten hautnah kennenlernen können und so auch auf das Wissen beider unmittelbar zugreifen können. Für Quinn ist alles neu. Durch sie werden wir gut in die Geschichte und die besonderen Fähigkeiten eingeführt. Nathan hingegen kann uns detailliertere Informationen beispielsweise über Gefahren und den Aufbau des Zusammenlebens der Menschen mit den besonderen Fähigkeiten, geben und uns an Orte mitnehmen, an denen Quinn niemals war.

 

Zum besseren Verständnis und um als Leser den Überblick zu behalten, sind einige kurze wörterbuchartige Sequenzen eingebaut, die durch Illustrationen ergänzt werden. Das erleichtert, sich die in der Geschichte angesprochenen Aspekte besser zu verinnerlichen und erreicht eine noch bessere bildliche Vorstellungskraft als es der Schreibstil ohnehin schon erreicht.

 

Es ist ein spannender Auftakt einer Dilogie, die noch einige offene Fragen enthält, somit spannend und mit einem Cliffhanger endet und viel Potential für den Folgeband aufweist – am liebsten würde ich diesen sofort lesen, so sehr haben mich Quinn und Nathan und auch dieses Buch insgesamt in seinen Band gezogen.

Diese Geschichte kann ich jedem empfehlen, der gerne eine Fantasy-Geschichte liest, die im realen Leben spielt bzw. viele Bezüge zu diesem aufweist und in der Emotionen und Spannung nicht zu kurz kommen.