Rezension

Schöne Idee, fürchterliche Erzählerin

Meeresglühen (Romantasy-Trilogie, Bd. 1)
von Anna Fleck

Bewertet mit 3 Sternen

Die 17-jährige Ella rettet während ihres jährlichen Sommeraufenthalts an der Küste Cornwalls einen vermeintlichen Surfer vor dem Ertrinken. Schnell bemerkt sie, dass Aris ein Geheimnis in sich trägt - denn seine Heimat liegt an einem ganz besonderen Ort. Und einige der dortigen Bewohner machen eine tödliche Jagd auf ihn.

Die Ankunft in Cornwall war wunderbar. Besonders gefielen mir die beiden älteren Damen, in dessen Cottage Aris zunächst gepflegt wird. Die Schwestern haben in ihrem Leben so viele Abenteuer erlebt, daneben sähe Indiana Jones wie ein blutiger Anfänger aus. Auch Aris gefiel mir auf Anhieb: freundlich, höflich, aufmerksam und rücksichtsvoll, fast schon zu gut für diese Welt. Wobei mir „seine Welt“, welche man später im Buch kennenlernen darf, ebenfalls als Idee sehr gut gefiel.

Wen ich als Person leider sehr schnell überhaupt nicht mochte war die Erzählerin Ella. Sie ist extrem egozentrisch, bezieht als alles mögliche auf sich und hat keinerlei Talent, sich in andere hinein zu versetzen. Zudem steckt sie voller nerviger Vorurteile. Als Aris ihr (Achtung: Minispoiler) seinen zahmen Orca vorstellt kommen von ihr lauter gräßliche Kommentare zu dem Tier (Killerwal, Vieh, Wassermonster, Monstrum, Biest), so dass ich erstmal das Buch genervt zur Seite legen musste. Leider bleibt es nicht nur bei dem Tier, auch den Bewohnern von Aris‘ Heimat gegenüber hat sie ähnliche Gedanken voller Vorurteile, die denen gegenüber dem Orca in nichts nachstehen. Leider kann ich keine Beispiele nennen, ohne zu spoilern, aber ich sag mal so: Hätte Aris nicht wie der europäisch wirkende, sexy Surferboy ausgesehen sondern wie sein bester Freund, hätte Ella ihn wohl als Fischfutter im Atlantik treiben lassen. Ein weiterer, wirklich sehr fragwürdiger Punkt: Ella streitet und diskutiert regelmäßig mit sich selbst als innerer Stimme. Das war irgendwann nicht mehr unterhaltsam, sondern ließ mich an ihrem Geisteszustand zweifeln. Und stellenweise wirkte sie - sorry, das mal so direkt sagen zu müsen - notgeil.

Thematisch hat die Autorin so einige brenzlige Themen im Roman untergebracht. Wie bringt man einen Stern heller zum Strahlen? Indem man seine Umgebung abdunkelt. In diesem Fall darf Aris neben einer völlig versnobten High Society (Klischee lässt grüßen) und Gewalt gegen Frauen strahlen. Für meinen Geschmack war das zuviel des Guten und hätte ruhig weggelassen werden können, neben Ella strahlt Aris bereits genug. Schwerpunktmäßig hat der Roman mit dem Thema Diskriminierung vor allem bereits genug zu tun. Leider schlägt Ella, wie bereits angedeutet, ebenfalls in ebendiese Kerbe, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Stattdessen stellt sie sich im Roman als aufgeklärt und tolerant dar, merkt aber eben nicht, dass ihr Handeln wiederholt etwas anderes ausdrückt. Das empfand ich als sehr erschreckend, vor allem in Kombination mit ihrer stark egozentrischen Art. Was jemand wie Aris an einer Person wie Ella anziehend findet konnte ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Zum Ende des Romans gab es noch einige Wendungen, die mich leider nicht überraschen konnten, da sie für Vielleser einfach in der Form zu erwarten waren.

Mein Fazit zum Buch: Cover und Idee sind wirklich schön, vor allem die Thematisierung der Diskriminierung gefiel mir sehr. Demgegenüber steht leider eine Erzählerin, die mit ihrer Egozentrik und diversen unschönen Vorurteilen dem Thema bei Weitem nicht gerecht wird und die mit ihren vielen Diskussionen mit ihrer inneren Stimme sehr schnell nervt.