Rezension

Meine Neugier auf die Folgebände wurde geweckt!

Fly & Forget
von Nena Tramountani

Bewertet mit 3 Sternen

Auch wenn mich der Auftakt der in London spielenden Soho-Love-Reihe von der mir bis dato unbekannten Autorin Nena Tramountani nicht 100%ig überzeugen konnte, gab es doch einige positive Aspekte.

Vor 3 Jahren, direkt nach der Beerdigung ihres verunglückten Bruders Riley, sah Olivia (Liv) ihren besten Freund Noah zum letzten Mal. Ihr Seelenverwandter und heimlicher Schwarm verschwand ohne Erklärung aus ihrem Leben, als Liv ihn am dringendsten gebraucht hätte. Konnte er mit ihrer Trauer nicht umgehen? Inzwischen hat sie für ihr Studium das idyllische Bath hinter sich gelassen, ist in den Großstadttrubel Londons eingetaucht und verdrängt die schmerzhaften Erinnerungen sowie die nie enden wollende Sehnsucht nach ihrem besten Freund so gut es geht. Dabei lebt sie wie eine leere Hülle vor sich hin, ist nirgends mit vollem Herzen dabei. Folglich läuft es in ihrem Alltag an allen Ecken und Ende schief: In der Redaktion der Uni-Zeitung, für die sie schreibt, häufen sich ihre Fehler und die Kommilitonen lästern ungehemmt über sie – dumm nur, dass sie die Credits dringend für ihren Abschluss benötigt. Ihr aktueller Freund Josh, der sich nur als Lückenbüßer sieht, zieht ebenfalls die Notbremse: Er trennt sich von Liv, die sich nun obendrein zügig eine neue Bleibe suchen muss. Wie es der Zufall will, landet sie ausgerechnet in jener WG, die auch ihr ehemaliger bester Freund bewohnt… Doch Noah hat sich enorm verändert. Aus dem lieben, verständnisvollen Jungen ist ein abgebrühter Aufreißer geworden, der mit seinem rücksichtslosen Verhalten seine WG-Mitbewohnerinnen regelmäßig auf die Palme treibt. Liv ist ratlos – einerseits erhofft sie sich, endlich Gewissheit auf die quälende Frage zu erhalten, warum er damals abgehauen ist, andererseits ist sie entsetzt über Noahs neues Ich. Da kommt der Auftrag zu einem Zeitungsartikel, der ihre letzte Chance beim Uni-Blatt darstellt, gerade recht: 'Wie man einen Fuckboy bekehrt – ein Selbstversuch'. Wenn das kein Wink des Schicksals ist…

Ich liebe ja New-Adult-Romane - und eine nette Londoner WG-Truppe klang sehr vielversprechend für mich. Der Klappentext und das hübsche, mit Glitzereffekten veredelte Cover hatten auf jeden Fall mein Interesse geweckt.

Leider konnte ich mich nicht für die beiden Hauptprotagonisten erwärmen, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird. Livs Verhalten erschien mir oft unreif und widersprüchlich, teilweise schlichtweg unsympathisch; und Noah, der zwar anfangs den eiskalten Macho raushängen lässt, im Grunde jedoch nur auf seine eigene Weise versucht, mit der Vergangenheit fertig zu werden (- indem er alle Menschen bis auf seinen besten Freund auf Abstand hält -) wirkte auf mich nicht wirklich tiefgründig ausgearbeitet. Die großen Emotionen, verpackt in große Worte, sie erreichten mich nicht. Alles erschien irgendwie einen Hauch zu überzeichnet, zu plump konstruiert und leider auch nicht wirklich spannend. Das ach-so-düstere Geheimnis Noahs ahnte ich schon relativ früh, hatte allerdings bis zuletzt gehofft, dass ich mich täusche und noch überrascht werden würde – Fehlanzeige. Und welches Drama dem Zeitungsartikel folgen würde, dürfte uns sowieso allen klar sein. Exakt so kam es dann auch, aber wenigstens war ich im letzten Drittel des Buches aufgrund einiger anderer Elemente etwas versöhnter mit der Geschichte.

Ein ganz großes Minus des Romans war für mich die Tatsache, dass viele äußerst ernste Themen - für die es übrigens keine Triggerwarnung gab – nur halbherzig angerissen wurden, ohne ausführlich behandelt zu werden. Das fand ich wirklich bedenklich und ziemlich grenzwertig. Wenn schon Drama dieser Art, dann bitte nicht nur als zusätzliches Plot-Element, um die ansonsten eher zähe Story aufzupeppen. Suizid-(gedanken), Drogenmissbrauch, unterdrückte Homosexualität – das sind alles Themen, die man nicht mal so eben nach Belieben nebenbei einstreuen kann, ohne sich intensiv damit auseinanderzusetzen.

Aber nun zu den positiven Dingen. Absolut großartig beschrieben war die Atmosphäre in der WG – dort würde ich sofort einziehen. Briony und Matilda sind so liebenswerte Charaktere, dass man sie automatisch ins Herz schließt. Ehrlich gesagt habe ich mich die gesamte Handlung über mehr an ihnen erfreut als an der Hauptstory und kann es nicht erwarten, die ihnen gewidmeten Folgebände zu lesen! Auch Noahs (der Künstlerszene angehörender) bester Freund Anthony ist einfach unwiderstehlich und zählt für mich zu den Highlights der Geschichte.

Der moderne, von Umgangssprache und englischen Trendbegriffen geprägte, lockere Schreibstil liest sich leicht und unkompliziert, also dem Genre entsprechend.

Fazit: Viel Luft nach oben. Zwar habe ich einige Kritikpunkte, aber diese Reihe hat – schon alleine aufgrund der tollen Nebenfiguren – durchaus Potential.