Rezension

Fesselnder Reihenauftakt

Der Morgen
von Marc Raabe

Bewertet mit 5 Sternen

Nach dem Ende der Reihe um Tom Babylon, von der ich alle Teile regelrecht verschlungen habe, war ich sehr gespannt, ob die neue Thrillerserie damit Schritt halten kann. Sie kann!!! Das Buch ist von Anfang bis Ende äußerst fesselnd, für mich ein regelrechter Pageturner.
Der Schauplatz ist auch hier wieder Berlin. Nahe der Siegessäule passiert ein Auffahrunfall, was sicher häufiger passiert, aber diesmal ist alles anders. Der Fahrer eines Kleinlasters, der in den Unfall verwickelt ist, flieht, und als die Journalistin Frida Wilke in den Wagen hineinschaut, entdeckt sie die nackte Leiche einer Frau. Der Unfall nimmt ganz andere Dimensionen an, als sich herausstellt, dass es sich bei der Frau um Marietta Althauser handelt, die Frau des Gesundheitsministers. Auf ihren Körper ist die Privatadresse des Bundeskanzlers geschrieben, wodurch sich ein hochbrisanter Fall entwickelt, denn Berlin steht kurz vor dem G20-Gipfel....
Der Schreibstil des Autors lässt sich flüssig lesen und ist von Anfang an äußerst spannend. Schon der Prolog zieht den Leser in ein fesselndes Geschehen, das man atemlos verfolgt. Und es gibt sogar noch einen Vor-Prolog mit  geheimnisvollen Andeutungen....Diese Hochspannung bleibt bis zum Ende erhalten, wobei Raabe immer wieder überraschende Wendungen einbaut und schließlich eine überzeugende Auflösung bietet.
Der Leser trifft in diesem Thriller auf zwei Zeitebenen. Da ist zum einen die aktuelle Ermittlung, die sich aus dem folgenschweren Unfall ergibt, aber es erfolgen auch immer wieder Rückblicke in die 90er Jahre. In den Rückblicken werden die Personen nicht mit ihren korrekten Namen benannt, sondern tragen Spitznamen. Da aber klar wird, dass diese Personen auch in der Gegenwart eine Rolle spielen, ist man versucht, die Identitäten für sich  zu klären, was aber nicht so einfach ist, wie man zunächst denkt. Ich fand beide Zeitebenen spannend und mitreißend, wobei ich immer auf die Zusammenführung gewartet habe, was dann auch wieder hochinteressant war.
An das Ermittlerteam Art Mayer und Nele Tschaikowski musste ich mich zunächst gewöhnen, anfangs fand ich sie beide nicht sehr sympathisch. Mayer hat den Dienst vor kurzem quittiert, weil er eine Auseinandersetzung mit dem Polizeipräsidenten hatte, er erschien mir als unfreundlicher Querulant. Er ist Diabetiker, schert sich aber nicht darum und spielt den coolen Helden. Sein Verhalten anderen gegenüber ist teilweise arrogant. Erst nach und nach wurde er mir durch Einblicke in sein Leben und Handeln sympathischer. Nele ist Berufsanfängerin und erschien mir anfangs überkorrekt und rechthaberisch, wodurch sie ihren Ehrgeiz befriedigt. Aber andererseits kann man das auch verstehen, wenn man als Neuling mit 'alten Hasen' zusammen arbeiten will. Auf jeden Fall haben sich beide zu einem effektiven Ermittlerpaar entwickelt, das bei mir im Laufe des Buches immer mehr Pluspunkte sammelte.
Alles in allem hat mir das Buch hochspannende Unterhaltung geschenkt, die mich teilweise nicht zur Ruhe kommen ließ, und ich freue mich bereits jetzt auf den Folgeband.