Rezension

Hochspannung pur und vielversprechender Auftakt einer neuen Thriller-Reihe

Der Morgen
von Marc Raabe

"Der Morgen" von Marc Raabe ist der 1. Band einer neuen Thriller-Reihe, der von Anfang bis Ende hochspannend ist.

Berlin kurz vor dem G20-Gipfel. Eine Frauenleiche wird auf einem Kleinlaster nahe der Siegessäule gefunden. Auf ihrem halbnackten Körper steht die Privatadresse des Bundeskanzlers geschrieben. Bei der Toten handelt es sich um die Frau des Gesundheitsministers. Für Nele Tschaikowski, Kommissar-Anwärterin, ist es der erste Mordfall und der hat es gleich in sich. Nicht nur, dass höchste Sicherheits- und Vertraulichkeitsstufe bestehen und die Ermittler unter Zeitdruck stehen, erschwert die Falllösung, sondern auch die Tatsache, dass Nele der berüchtigte BKA-Ermittler Artur "Art" Mayer zu Seite gestellt wird. Nach einem tätlichen Angriff auf einen hohen Polizeibeamten, war Artur nicht länger im Dienst tätig, wurde aber extra für die Aufklärung für diesen Fall von oberster Stelle angefordert.
Parallel dazu wird die Geschichte von dem jungen Boxer durch Rückblenden in die Vergangenheit erzählt, der von der Clique rund um den späteren Bundeskanzler drangsaliert wird und Mutproben aufgefordert wird, bis irgendwann alles aus dem Ruder läuft.
Schnell wird Art und Nele klar, dass der Schlüssel für die Lösung des Falles in der Vergangenheit liegt.

Gleich zu Beginn schafft es der Autor Spannung aufzubauen und einen mit seinem fesselnden und atmosphärischen Schreibstil in seinen Bann zu ziehen. Dank zahlreicher überraschender Wendungen, wechselnder Perspektiven und anfangs mysteriösen Rückblicken in die Vergangenheit vom jungen Boxer und seiner Verbindung zur Clique rund um den späteren Bundeskanzler, schafft es der Autor, die Spannung auf den über 580 Seiten konstant hoch zu halten, um dann in einem spannungs- und vielleicht etwas zu actiongeladenen Showdown zu gipfeln. Auch dass die Kapitel meist auf eine Art Cliffhanger enden, trägt zu der packenden Sogwirkung des Thrillers bei.

Neben dem gut konstruierten und logisch aufgebauten Fall, in dem gekonnt auch aktuelle Themen wie z. B. der Ukraine-Krieg, Corona oder die Energie-Krise eingebaut werden, kann auch die glaubwürdige und authentische Charakterzeichnung von Art und Nele überzeugen.
Art scheint auf den ersten Blick ein hart und unnahbar zu sein, der wenig Rücksicht auf sich und seine Gesundheit nimmt, doch schon bald merkt man, dass hinter der harten Schale ein weicher Kern liegt.
Nele ist als junge und unerfahrene Kommissar-Anwärterin voller Ehrgeiz und Tatendrang, wobei sie manchmal jedoch über das Ziel hinausschießt.
Beide haben mit privaten Problemen zu kämpfen, die sie menschlicher und emotional greifbarerer erscheinen lassen, ohne jedoch den Fokus von der Handlung zu nehmen.

Überzeugende Charaktere, eine gut durchdachte Handlung, die bis zum Schluss ihre Geheimnisse beibehält sowie ein kurzweiliger und fesselnder Schreibstil sorgen dafür, dass "Der Morgen" ein Thriller ist, der seinem Namen alle Ehre macht. Er ist psychologisch gut analysiert, hochspannend und wendungsreich, also genau alles das, was man sich von einem packenden Thriller wünscht.
Lesenswert.