Rezension

​ Interessanter Ansatz, aber eine unausgereifte Mischung aus Drama und Kitsch

Die Achse meiner Welt - Dani Atkins

Die Achse meiner Welt
von Dani Atkins

Bewertet mit 2 Sternen

​ Interessanter Ansatz, aber eine unausgereifte Mischung aus Drama und Kitsch

Inhalt

Rachel ist 18, als ein furchtbarer Unfall ihr Leben für immer verändert: Ihr bester Freund Jimmy stirbt, als er ihr das Leben rettet. Sie selbst wird schwer verletzt und kommt über Jimmys Tod nie hinweg.
Fünf Jahre später hat Rachel alle ihre Träume aufgegeben, ihre Beziehung zu ihrem früheren Freund Matt zerbrechen lassen und verkriecht sich in einer kleinen Wohnung in London. Als sie anlässlich der Hochzeit ihrer besten Freundin Sarah zurück in ihre Heimatstadt fährt, bricht sie an Jimmys Grab zusammen.

Als Rachel im Krankenhaus wieder erwacht, hat sich ihr Leben komplett verändert. Nicht nur ist sie eine erfolgreiche Journalistin und verlobt mit Matt, ihr Vater stirbt auch nicht mehr an Krebs und Jimmy ist quicklebendig.
Ist sie tot? Verrückt geworden? Oder steckt sie in einer Art Parallelwelt?

Meinung

"Die Achse meiner Welt" ist angeblich ein Buch über die erste Liebe und zweite Chancen, aber von den Sprüchen, mit denen das Buch angepriesen wird, sollte man sich nicht täuschen lassen, denn es ist definitiv anders, als man es sich vorgestellt hat.

Dabei ist der Ansatz selbst ziemlich interessant - die Frage, was man machen würde, wenn man die Chance bekäme, sein Leben nochmal mit einer veränderten, eventuell besseren Vergangenheit zu leben. Rachel hat eine schreckliche und traumatisierende Vergangenheit und wacht plötzlich in einem Leben auf, in dem es all das nicht gegeben hat. Dabei thematisiert der Roman auch die Frage, ob denn tatsächlich alles für Rachel so gut gekommen wäre, wäre Jimmy damals nicht bei dem Unfall gestorben. Die Antwort ist natürlich nein, auch Rachels anderes Leben ist nicht perfekt und das merkt sie auch in kurzer Zeit.

Leider setzt sich Rachel im Buch mit diesen philosophischen Fragen nur bedingt auseinander, da sie 90% der Zeit in ihrem "zweiten Leben" damit verbringt, nicht glauben zu wollen, dass sie auf einmal ein anderes Leben lebt. Das ist natürlich absolut realistisch, auf Dauer aber auch enorm anstrengend und sorgt außerdem dafür, dass "Die Achse meiner Welt" großes Potenzial verschenkt und hauptsächlich die Geschichte davon ist, wie Rachel ihr neues Leben in den Griff bekommt, ohne dass sie sich je über diese Chance freut oder darüber nachdenkt, warum sie die letzten fünf Jahre ihres ersten Lebens weggeworfen hat, obwohl Jimmy sein eigenes Leben dafür geopfert hat.

Das hat mich am Roman ehrlich gesagt sehr wütend gemacht, denn es geht viel um Rachels ach so große Gefühle für Jimmy, doch darüber, dass er sein Leben geopfert hat, damit sie leben und nicht in einer Ecke versauern kann, denkt sie scheinbar nie nach.
Was zwischenmenschliche Gefühle betrifft ist Rachel generell schrecklich naiv und selbstbezogen und ging mir damit schnell auf die Nerven.

Der Rest der Handlung, die größtenteils in Rachels neuem, zweiten Leben spielt, ist auch bis auf die kleine aber feine Auflösung am Ende sehr vorhersehbar und die Figuren sind, bis auf die nervige Rachel, allesamt Stereotypen, vor allem der zu sehr von sich selbst überzeugte Matt, die egoistische und schamlose Cathy und der fehlerlose Sonnenschein Jimmy. Letzter hat es mir dennoch irgendwie angetan und dafür gesorgt, dass ich die Geschichte um ihn und Rachel fast gerne gelesen habe.
Das Ende der Geschichte in diesem zweiten Leben gibt auch dann jedem Leserherz, das für Kitsch anfällig ist, was es begehrt, und obwohl es vorhersehbar war, fand ich es berührend und süß und literarisch schön gestaltet.

Doch dann ist da ja noch die Auflösung der Frage, wieso Rachel auf einmal in einem anderen Leben aufgewacht ist. Diese wurde schon ab und an angedeutet, kam dann aber doch überraschend und vor allem überraschend dramatisch, was meiner Meinung nach den ganzen kitschigen Teil des Buches zerreißt, mal abgesehen davon, dass sie - dafür, dass sie sich scheinbar ohne Fantasy- und Science-Fiction-Elemente erklären lassen soll - ziemlich unlogisch ist. Die letztendliche Wendung ist im Gegensatz zu anderen möglichen, die im Laufe des Romans angedeutet werden, ziemlich deprimierend, wenn auch realistisch (nur nicht die Erklärung für diese Wendung).
Gerade dadurch lässt sich aber auch sagen, dass "Die Achse meiner Welt" definitiv kein Buch für Leser ist, die eine angenehme, romantische Lektüre suchen. Wer dagegen auf Drama, zerstörte Hoffnungen und gnadenlosen Realismus steht, ist hier zwar, was das Ende betrifft, richtig, muss sich aber vorher durch seitenweise Kitsch und Vorhersehbarkeit kämpfen.
Generell habe ich beim Lesen den Eindruck gewonnen, dass die Autorin selbst nicht wusste, was für eine Art von Buch sie schreiben wollte: ein deprimierendes Drama oder ein hoffnungsfrohes Buch über zweite Chancen und die große Liebe. Und so ist das Ergebnis leider keins von beidem sondern eine sehr unangenehme Mischung geworden.

Fazit

"Die Achse meiner Welt" hat großes philosophisches Potential und eine an sich gute und realistische, wenn auch schlecht erklärte Auflösung, doch zwischendurch wird das Potential durch eine nervige, naive und selbstbezogene Hauptfigur, fehlende Reflexionen wichtiger Fragen und jede Menge Kitsch leider stark gestört, wodurch das Buch letzten Endes weder als Drama noch als Liebesroman etwas taugt. Wenigstens ist es leicht zu lesen. Ich vergebe 2 Sterne.