Rezension

Spannende, düster angehauchte Adaption der klassischen Midas-Geschichte

The Darkest Gold – Die Gefangene
von Raven Kennedy

Bewertet mit 4 Sternen

Seit zehn Jahren lebt Auren bereits in einem Käfig, der sich geräumig und luxuriös über eine ganze Etage in König Midas´ Palast erstreckt. Sie ist die Favoritin des goldenen Königs, sogar ihr eigener Körper besteht aus dem glänzenden Edelmetall - der Preis für diese bevorzugte Stellung ist Einsamkeit, die anderen "Sättel", mit denen sich Midas regelmäßig vergnügt, sprechen nicht mit Auren und der König selbst lässt sie deutlich spüren, dass sie in seinen Augen ebenfalls nur ein Sattel ist, wenn auch ein besonders wertvoller und prestigeträchtiger. Doch Auren glaubt an die Liebe, die er ihr einst schwor und ertränkt ihren Kummer in zu viel Wein. Erst als er einem anderen König ihre Dienste anbietet, erwachen erste Zweifel in Auren, doch sie ist fest entschlossen, an ihrer Loyalität zu Midas fest zu halten.

"The Darkest Gold – Die Gefangene" von Raven Kennedy ist der Auftaktband einer fünfteiligen Reihe, die von der Legende um den Goldkönig Midas inspiriert wurde. Der Social Media Hype um das Buch war an mir vorbei gegangen, mich hat eine Leseprobe überzeugt, die Geschichte unbedingt kennen lernen zu wollen. Und ich habe tatsächlich bekommen, was der Textauszug versprach, eine fantasievolle, etwas düster angehauchte Lektüre, die mich bis zur letzten Seite hin fasziniert und begeistert hat. Mit Auren schuf die Autorin eine Protagonistin, die mir schnell ans Herz gewachsen war - sicherlich ist sie ziemlich naiv, wenn ich aber bedenke, dass sie ein Waisenkind ist, das Midas einst auf der Straße aufgelesen und in einen Käfig gesperrt hatte, als sie gerade einmal 15 Jahre alt war, finde ich das kaum verwunderlich. Zumal der Goldkönig ihr in all den Jahren der Gefangenschaft so gut wie keine Kontakte zu anderen Menschen gestattet hat, abgesehen von flüchtigen Begegnungen mit Dienern und Wachen.

Da die Handlung zum Großteil aus Aurens Blickwinkel erzählt wird, habe ich sie beim Lesen natürlich deutlich besser kennen gelernt als alle anderen Figuren - die aber in meinen Augen ebenfalls umfassend genug dargestellt waren, dass ich mir ein Bild von ihnen machen konnte. Besonders Midas´ manipulativer Charakter hat sich mir bald erschlossen, obwohl Auren ihn sehr liebt und bewundert und für jede seiner Entscheidungen sofort eine Rechtfertigung vor sich selbst findet. Selbst ihre Beobachtung, wie sehr der König sein Volk mit geschickter Zunge hintergeht, bringt sie nicht auf den Gedanken, dass er mir ihr auf die selbe Weise verfährt.

Den Schreibstil kann ich nur als fesselnd bezeichnen, ich war sofort in die düstere Atmosphäre eingetaucht, mochte das Buch zwischendurch kaum aus der Hand legen und war gefühlt viel zu schnell am Ende angelangt. Die teilweise recht derbe Ausdrucksweise hat meiner Meinung nach gut zu der mittelalterlich angehauchten Welt gepasst, die den Hintergrund der Buchreihe bildet, auch die expliziten erotischen Szenen haben sich für mich gut in die Handlung eingefügt. Die ein wenig lang gezogene Beschreibung von Aurens Leben im Schloss ist der einzige (winzige) Kritikpunkt, den ich anbringen kann, was dem Lesevergnügen in meinen Augen aber keinen Abbruch getan hat. Insgesamt habe ich mich prächtig unterhalten gefühlt und bin dankbar, dass ich bei Beendigung der Lektüre bereits den zweiten Band parat liegen hatte, für diesen Reihenauftakt spreche ich gern eine Leseempfehlung aus.

Fazit: Wer nicht sicher ist, ob ihm die derbe Sprache und/oder die expliziten Erotikszenen liegen, der sollte sich eine Leseprobe zu Gemüte führen, das bietet bereits eine gute Aussicht, was zu erwarten ist, denn die Geschichte startet ohne großartiges Vorgeplänkel. Mich hat dieser Roman von der ersten Seite bis zum Schluss gefesselt und begeistert, so dass ich die Lektüre ich gern weiter empfehle.