Rezension

Mir bluten noch immer die Ohren

The Darkest Gold – Die Gefangene
von Raven Kennedy

Bewertet mit 0.5 Sternen

Das war das schlechteste Buch, das ich dieses Jahr bisher gelesen habe und auch eins der schlechtesten Bücher, die ich je gelesen habe. Und ich habe in letzter Zeit wirklich viele nicht gute Bücher gelesen, Leserausch-Phase sei Dank. 
Es gibt einfach so viel, was mir an diesem Buch nicht gefällt. Es wird also mal wieder Zeit für einen guten, alten Rant. Man möge mir die Ironie an der ein oder anderen Stelle bitte verzeihen. 

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Die Sprache ist wirklich eine Katastrophe. Ich mag einen derben und vulgären Sprachstil voller Beleidigungen nicht, ich habe einfach eine absolute Abneigung gegen fast jedes Wort in diesem Buch entwickelt. Vielleicht war es noch ein Ticken schlimmer, weil ich das Hörbuch gehört habe und so nicht einfach die Augen schnell verschließen konnte. Vielleicht aber auch besser so, mir bluten noch immer die Ohren. Würden mir die Augen bluten, könnte ich nicht gleich das nächste – und definitiv bessere – Buch beginnen, denn von Hörbüchern brauche ich jetzt erstmal eine Pause. 
Während wild mit Beleidigungen aller Arten durch die Gegend geworfen wird, versucht die Autorin sich phasenweise an einem fast poetischen Schreibstil, der vollkommen deplatziert wirkte. 

Aber der Schreibstil ist nicht das Schlimmste an diesem Buch. Es sind auch nicht die Charaktere – obwohl die allesamt furchtbar sind, denn der Plot ist mit Abstand das schlechteste an diesem Buch. Oder um es anders zu formulieren: die Abwesenheit des Plots ist das schlechteste an diesem Buch. Es passiert einfach nichts. Und dann gefühlt alles auf den letzten 50 Seiten. Das gesamte Buch hätte handlungstechnisch eingedampft werden können auf 100 Seiten, denn es passieren auf den ersten 300 (von 400!) Seiten eigentlich immer nur zwei Dinge: Auren jammert oder Auren himmelt Midas an. Naja, und ab und an kippt sich Auren ein bisschen Wein hinter die Binde. 
Es gibt kein nennenswertes World Building, die gesamte Handlung hätte auch im Winter in meinem Innenhof spielen können. Man erfährt einfach nichts über die Welt, außer ein oder zwei Brotkrumen und die sollen die Leser:innen bei der Stange halten?!
Wenn schon die Handlung langsam abläuft, hätte die Autorin wenigstens die Welt gescheit aufbauen können. 
Plot-technisch gab es dann noch weitere Punkte, die ich einfach schlecht fand. Stockholm-Syndrom kann man sich bei dem Klappentext ja fast denken, aber dass es so schlimm werden würde, hatte ich nicht erwartet. Und dabei bekommt man als Leser:in von Midas fast gar nichts mit. 

Wie schon (ganz dezent) angedeutet, waren auch die Charaktere nicht so die Wucht. Midas kommt irgendwie nur sehr am Rande vor, die Geschichte fokussiert sich ganz auf Auren und wird auch aus ihrer Perspektive erzählt. Ich-Perspektiven finde ich per se nicht schlecht, aber hier verstärkte es nur mehr und mehr meine Antipathie für Auren. Meine Güte, die Charakterentwicklung war mal so dermaßen langsam. An sich finde ich es toll, wenn Charaktere sich erst langsam entfalten und Kräfte entdecken, ich mag die überzeichneten Alleskönner:innen nicht. Es wäre also eigentlich eine tolle Ausgangslage mit Auren gewesen. Aber sie ist so unfassbar naiv, blind und duselig (wahrscheinlich von dem ganzen Wein, den sie in sich reinschüttet). 

Viele Szenen sind sehr explizit geschrieben. Mich haben sie eigentlich alle nur abgestoßen und das ist irgendwie schade. Es schimmert vieles durch, was echt Potential gehabt hätte. Denn in Aurens Welt sind Frauen nur wenig wert, es ist ein Patriachat, als wäre es aus Alpträumen entstanden. Frauen werden degradiert, misshandelt, vergewaltigt und ihnen wird kein Wert beigemessen. Aber statt aufzurütteln, wirkt alles so unglaublich emotionslos. Ich vermute, dass vieles schocken sollte, aber Schock stellte sich nicht ein, nur Abscheu. Es geht unterschwellig viel um toxische Beziehungen, aber auch hier wird weiterhin Potential verschenkt. Es wirkt wie viele lose Enden, die aufgebaut wurden, aber deren Weg nicht weiter beachtet wird. Statt „Report der Magd“ ist es irgendwie ein billiger Ramsch mit verschenkten Ideen und einer furchtbaren Wortwahl. 

Warum ich das Buch nicht einfach abgebrochen habe? Ich hasse es, Bücher nicht zu beenden und quäle mich lieber durch die schlechten durch. Außerdem muss der dritte Band ja wirklich der Wahnsinn sein, denn im internationalen Raum und gerade auf Goodreads überschlagen sich die Lobpreisungen ja schon fast. Da der zweite Band auch als kostenlose Version auf Spotify verfügbar ist, werde ich vielleicht noch weiter hören. Denn noch stärker als mein Wille, Bücher nicht abzubrechen, ist meine Neugier, wenn Bücher zu sehr gehypte werden. 

Empfehlen kann ich das Buch definitiv nicht. Es sei denn, es gibt jemanden, der mal wieder auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen muss um zu merken, wie gut doch die guten Bücher wirklich sind.