Rezension

Durchschnittliche Geschichte

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gedanken vorher

Dieses Buch wurde gehypt, wie nichts gutes. Das macht mich immer sowohl skeptisch, als auch neugierig. Ich will das Buch zwar lesen, aber nicht, weil die Masse es so toll findet, sondern um mir selbst ein Bild zu machen. Das wird aber schwierig, weil ich mit einer negativen Grundhaltung daran gehe, frei dem Motto “Wenn alle es toll finden, will ich es gar nicht toll finden”. Deswegen habe ich damit auch erst angefangen, nachdem ihr zweiter Titel (“Eine Handvoll Worte”) raus war und der Hype etwas nachließ.

Gedanken während

Natürlich setzt man direkt Vergleiche zu “Ziemlich beste Freunde”. Die Geschichte ist einfach sehr ähnlich, auch wenn kleinere Details abweichen. Trotzdem ist es eine eigenständige Geschichte.

Will Traynor wird im Prolog als sehr energiegeladen, produktiv, engagiert und aktiv dargestellt. Man bekommt das Bild eines vor Leben nur so sprühendem Mann, der seine Chancen nutzt, sobald sie auftauchen und Risiken zu nehmen weiß. Er weiß was er im Leben will und wie er es erreichen kann. Im weiteren Verlauf, wird sehr stimmig beschrieben, wie er nach dem Unfall (der echt einem sehr miesen Karma entsprungen sein muss) nicht nur den Lebensmut verliert, sondern effektiv nichts mehr am Leben findet.

Louisa Clarke ist eine junge Frau, die ebenfalls schon weiß, wie ihr Leben zu laufen hat und da rausgerissen wird, als ihr gekündigt wird. Louisa hatte in ihrer Jugend ein einschneidendes Erlebnis, das ihr jegliches Selbstbewusstsein raubte und ihren Lebensplan eher unbedeutend gehalten hat. Bei ihrer Jobsuche kommt sie an verschiedene nicht annehmbare Stellen, bis sie bei den Traynors landet.

Die Stelle bei den Traynors, als Betreuerin von Will ist auch nicht besser, zumal Will sich anfangs wie das personifizierte Ekel verhält, aber es ist relativ leicht verdientes Geld. Nur sehr langsam werden Will und Louisa miteinander warm. Ich finde sogar, ein bisschen zu langsam. Es ist merkwürdig, aber obwohl Louisa keine herausragenden Pläne für ihre Zukunft hat, ist sie eine lebenslustige und nicht auf den Kopf gefallene junge Frau. Natürlich ist sie Anfangs von Wills Verhalten etwas eingeschüchtert, aber ich hätte  erwartet, dass sie schlagfertig, wie sie beschrieben wird, dem irgendwie mehr Würze verleihen würde. Stattdessen verhält sie sich wie ein kleines Mäuschen und geht allem aus dem Weg. Andererseits ist das natürlich eine authentische Charakterdarstellung, wenn sie äußerlich eher ein unscheinbares Mäuschen bleiben will – vom Verhalten her, vom Kleidungsstil her kann wohl niemand extrovertierter sein, ich sag nur Biene Maja Strumpfhose…

Die Geschichte wirkt etwas langatmig und hat für mich nur wenige spannende Stellen. Eine dieser Szenen ist Louisas Geburtstgsessen, bei dem Will dabei ist. Obwohl ihre Familie mir bis dahin – und danach fast noch mehr – gegen den Strich ging, ist es während des Essens etwas ganz anderes. Diese Szene wirkt total authentisch und harmonisch, auch wenn Louisas Freund sich als Ar*** profiliert und Louisas Eltern nicht  wirklich viel von ihrer Tochter zu halten scheinen. Will aber ist charmant und ausgeglichen und wegen ihm macht es überhaupt Spaß zu lesen.

Gedanken nachher

Ich muss ganz ehrlich sagen, es war kein besonderes Erlebnis dieses Buch zu lesen. Es war aber auch nicht vergeudete Zeit. Den Hype kann ich nicht nachvollziehen, es ein durchschnittlich gutes Buch, mit positiven und negativen Aspekten – von dem ich aber immerhin vier Wochen später noch einige Details kenne.