Rezension

** Auf die letzten Tage... **

Die letzten Tage von Rabbit Hayes
von Anna McPartlin

Bewertet mit 5 Sternen

Das Wichtigste gleich vorweg: Der Roman „Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ hat mir richtig gut gefallen. Sogar so gut, dass ich ihn binnen drei Tagen (was bei mir sehr kurz ist) durchgelesen hatte.

 

Als ich mit dem Lesen begann, war ich zunächst verunsichert, ob mich dieses Buch nicht zu sehr ergreifen würde, da es eventuell zu traurig sein würde. Die Thematik in „Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ ist eindeutig: Die alleinerziehende Frau war in der Vergangenheit an Krebs erkrankt und glaubte, die Krankheit besiegt zu haben. Doch dann ist der Krebs plötzlich weg und alles ist schlimmer als je zuvor, denn der Krebs hat gestreut. Als die Ärzte Rabbit mitteilen, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hat, ist es, als würde man der kämpferischen und lebenslustigen Frau den Boden unter den Füßen wegziehen. Aber nicht nur ihr, denn hinter ihr steht nicht nur ihre 12-jährige Tochter, sondern eine herzensgute, liebenswerte und chaotische Familie.

 

Rabbit wird in ein Hospiz eingeliefert, in dem man ihr die letzten verbleibenden Tage so angenehm wie möglich machen möchte. Ihre Familie – seien es ihre Eltern, ihr Bruder oder ihre Schwester samt großem Anhang – und auch ihre Freunde sind geschockt und fühlen sich unheimlich hilflos. Während sich Rabbits Zustand von Tag zu Tag verschlechtert, suchen ihre Eltern dennoch verzweifelt nach einer letzten Rettung. Nichts ist wohl schlimmer, als seinem Kind beim Sterben zusehen zu müssen und nichts tun zu können. Trotz all dem Leid und all dem Schmerz versuchen sie, ihr die letzten Tage so angenehm wie möglich zu machen, schwelgen in Erinnerungen, verbringen jede freie Minute bei ihr und behalten den für die Familie typischen schwarzen Humor bei.

 

Was jedoch noch schlimmer für alle Beteiligten ist: Wie sollen sie der 12-jährigen Julliet erklären, dass ihre Mutter bald sterben wird? Die Kleine ist durch die vergangenen Jahre, durch die bereits einmal bekämpfte Krebserkrankung schon jetzt erwachsener, als es ein 12-jähriges Mädchen sein sollte. Rabbit und Julliet – ein eingeschworenes Team. Doch auch die Kleine merkt, dass es ihrer Mutter Zusehens schlechter geht und erfährt dann natürlich, dass ihre Mutter bald nicht mehr da sein wird. Doch wo soll die Kleine leben? Wer will Julliet zu sich nehmen und noch wichtiger: Wo möchte sie eigentlich nach dem Ableben ihrer Mutter wohnen? Dinge, über die man sich in einer solchen Lage keine Gedanken machen möchte, die jedoch unabdingbar sind und geklärt werden müssen.

 

Die Autorin Anna McPartlin hat – trotz des wirklich heiklen Themas - bei diesem Buch etwas geschafft, was sicherlich nicht viele Schriftsteller so gut hinbekommen: Die Gradwanderung zwischen traurigen, gefühlvollen und lustigen Passagen ist ohne Frage vollkommen gelungen! Meine anfängliche Befürchtung, ich würde mindestens die Hälfte der Zeit während des Lesens weinen müssen, haben sich nicht bestätigt. Zwar waren einige Passagen wirklich „schlimm“ und traurig, so dass man ergriffen war, jedoch würde ich sagen, dass dies alles in allem kein durchweg trauriges Buch ist. Die lustigeren Erzählungen verursachen hierbei jedoch nicht das Gefühl, dass diese unangebracht wären, sondern vermitteln vielmehr, was für ein lebensfroher und allseits beliebter Mensch Rabbit bislang war.

 

Erzählt wurde „Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ aus der Erzählersicht, wobei die einzelnen Kapitel per Überschrift darauf hinweisen, um welche Person es in diesem Kapitel geht. Denn wie sich jeder vorstellen kann, leidet nicht nur Rabbit selber, sondern auch all ihre Angehörigen. Deren Handlungen, Eindrücke, Gefühle und Taten werden dann sehr gut beschrieben. Auch gibt es viele Kapitel, die sich mit Rabbits Kindheit und Jugend beschäftigen. Das die Kapitel jeweils recht überschaubar gehalten sind, gefällt mir an diesem Buch ebenfalls sehr gut. Macht man häufigere Lesepausen, ist doch das Unterbrechen nach einem abgeschlossenen Kapitel angenehmer für den Wiedereinstieg in die Story.

 

Durch all diese Erzählungen bekommt man nicht nur von Rabbit, sondern auch von allen anderen Charakteren der Familie Hayes, sowie den Freunden der Frau einen sehr guten Eindruck. Hier geht es weniger darum, wie die Personen aussehen, sondern vielmehr darum, in welchem Verhältnis sie zu Rabbit stehen, was sie mit Rabbit alles erlebt haben und wie sie mit der Situation umgehen. Obwohl in diesem Roman nicht gerade wenige Charaktere vorkommen, konnte ich diese von Anfang an auseinander halten und zuordnen – auch dies ist meiner Meinung nach nicht immer bei einem Roman gegeben und als weiteren Pluspunkt anzusehen.

 

Mir hat das Buch so gut gefallen, dass ich gleich nachsehen musste, ob Anna McPartlin bereits weitere Werke veröffentlicht hat. Für mich ein durchweg runder, gelungener Roman, den ich ohne Einschränkungen weiterempfehlen kann.