Rezension

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Berührende Geschichte, die nicht ganz überzeugt

Die letzten Tage von Rabbit Hayes
von Anna McPartlin

Bewertet mit 3.5 Sternen

Erst wenn das schlimmste eintritt, weißt du wer dich liebt.

Mia Hayes, seit ihrer Kindheit Rabbit genannt, ist Anfang vierzig, alleinerziehende Mutter einer zwölfjährigen Tochter und an Krebs im Endstadium erkrankt. Sie wird von ihrer Mutter ins Hospiz begleitet, wo sie ihre letzten Tage verbringen wird. In diesen Tagen verbringt ihre liebenswert chaotische Familie ihre freie Zeit bei der Kranken und bewältigt ganz nebenbei noch ihre eigenen Probleme. Rabbit schläft, durch ihre Krankheit schon deutlich geschwächt, sehr viel und verliert sich dann in Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend, besonders an die Band ihres Bruders Davey, der auch Rabbits Jugendliebe Johnny angehörte. Diese Liebe hatte keine Zukunft, da Johnny bereits mit Anfang zwanzig schwer erkrankte und starb. Die Wachphasen sind geprägt von den einzelnen Familienmitgliedern, vorrangig von ihrer stets fluchenden Mutter Molly und ihrer Tochter Juliet, die beide eine sehr enge Beziehung zu Rabbit haben. Die einzelnen Familienmitglieder sowie die alten Freunde aus der Band, die ebenfalls von Rabbit Abschied nehmen möchten, schaffen es mit ihrem besonderen Humor die gegebene Situation zu „entdramatisieren“ und verstehen es, Rabbit zum Lachen zu bringen. Als es dann um die Zukunft von Juliet geht, wird allen – auch Rabbit – erst richtig bewusst, dass das Ende nicht mehr fern ist. Rabbit hat eine Entscheidung zu treffen, die sowohl für sie als auch für ihre Tochter von besonderer Bedeutung ist. Instinktiv trifft sie die richtige, da auch Juliet gerne mit ihrem Onkel zusammenleben möchte. Diese Entscheidung, ihre Tochter in guten Händen zu wissen, hilft Rabbit, sich von der geliebten und liebenden Familie zu lösen und ihrer alten Liebe Johnny zu folgen, der bereits auf sie wartet.

Anna McPartlin widmet sich in ihrem Roman einem Thema, über das nicht gerne offen gesprochen wird – Krebs im Endstadium. Sie erzählt mit viel Humor aus Sicht der einzelnen Freunde und Familienmitglieder die Lebensgeschichte der Patientin, die selbst im Traum ständig in die Vergangenheit – zu besseren Zeiten – zurückkehrt, während sie in den Wachphasen immer wieder mit der Erkenntnis konfrontiert wird, wen sie nun alles zurücklassen wird. Die Autorin überlässt die Hauptrolle der Familie, Rabbit spielt eigentlich nur eine Nebenrolle, um die alles andere angeordnet ist. Der Leser kommt den übrigen Charakteren eigentlich viel näher, da jeder auf seine eigene, nachvollziehbare Weise mit der Situation umgeht, während Rabbits Gefühle größtenteils verborgen bleiben. Bemerkenswert ist der Zusammenhalt aller, die in einer Beziehung zu Rabbit stehen.

Die Art, wie die Familie sich gibt, erscheint manchmal etwas zu „aufgedreht“ und erinnert dann an die typisch amerikanischen Filme, ebenso wie die meines Erachtens etwas zu häufig fluchende Mutter, die doch eigentlich streng katholisch ist. Durch diesen leicht amerikanischen Touch bleibt die Story teilweise etwas oberflächlich und unauthentisch, sodass der Leser sehr schnell wieder von seiner Trauer um Rabbit abgelenkt wird.

Alles in allem ist die Geschichte flüssig geschrieben, lässt sich also prima schmökern. Wer sich das Buch allerdings anhand des Klappentextes zulegt, sei gewarnt. Hier werden andere Erwartungen geschürt als man tatsächlich nachher präsentiert bekommt. Dieser Text ist etwas irreführend, dennoch ist der Roman absolut lesenswert und trotz des heiklen Themas sehr kurzweilig. Leider nicht so emotionsgeladen, wie erhofft, das Ende sogar eher ein wenig kitschig - für Rabbit wahrscheinlich aber das Schönste was ihr jetzt noch passieren kann.