Rezension

Taschentuchalarm

Die letzten Tage von Rabbit Hayes
von Anna McPartlin

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:
Inhalt
Es sah aus, als hätte Rabbit den Krebs besiegt, der ihr ihre linke Brust genommen hat, doch bei einer Vorsorgeuntersuchung erfährt sie, dass er zurück gekommen ist. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, hat die schlimme Krankheit auch noch gestreut und ihr keinerlei Überlebenschance gelassen. Wie soll sie das nur ihrer 12-Jährigen Tochter erklären? Sie kann sie doch unmöglich einfach so alleine lassen! Doch der Krebs fragt nicht und Rabbits letzte neun Tage nehmen ihren Lauf...

»Grace und Davey waren entsetzt. Grace war sechsundvierzig und ihr Bruder vierundvierzig Jahre alt, doch auf einmal waren sie nur noch hilflose Kinder am Bett ihrer kleinen Schwester, die nicht wussten, was sie sagen sollte, und verzweifelt darauf hofften, dass ihre Mama alles wiedergutmachte.«
Zitat aus: "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" -Molly-

Charaktere
Rabbit ist untröstlich, dass sie unfreiwillig die Welt früher verlassen muss, als sie sich das vorgestellt hatte. Trotz ihrer unheilbaren Krankheit ist sie sehr stark und setzt alles daran, dass es ihrer Tochter, auch nach ihrem Tod, gut gehen wird.
Molly ist Rabbits Mutter und der Titan in der Familie Hayes. Sie kämpft wie eine Löwin um ihre Familie und geht dabei keinerlei Diskussionen aus dem Weg.
Jack, das männliche Oberhaupt der Familie wäre sehr gerne so stark wie seine Frau, doch er ist ein so emotionaler Mensch, dass er sich gern von seinen Gefühlen leiten lässt. Es macht ihn tot unglücklich seiner Tochter beim Sterben zuschauen zu müssen.
Juliet ist die 12-Jährige Tochter von Rabbit. Sie ist schon sehr reif und erwachsen für ihr Alter und würde alles tun, damit ihre Mom sie nicht verlässt. 

»"Und wenn wir das Auto einfach ins Meer steuern?", sagte Molly plötzlich, als könnt sie Gedanken lesen. "Das wäre zwar den Kindern gegenüber unfair, aber wenigstens würden wir dann zuerst gehen, so wie es die Scheißnatur vorgesehen hat."«
Zitat aus: "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" -Jack-

Gesamt
Das Buch ist in neun Teile aufgeteilt. Tag Eins, bis Tag Neun. Zwischen diesen Teilen wird immer mal wieder eine Seite aus Rabbits Blog eingefügt, die ihre Gefühle beschreibt und zeigt, wie sie gerade mit ihrer Krankheit lebt. Da diese Blogeinträge in der Ich-Form geschrieben sind, sind die Schmerzen und Emotionen, die die Protagonistin empfindet für den Leser förmlich zu greifen.
Die restliche Geschichte wird immer mal wieder auktorial aus einer anderen Sicht erzählt. Man sollte meinen, dass durch diese Erzählweise vielleicht die Emotionen, die bei einem solchen Thema sehr relevant sind, vielleicht nicht den Leser erreichen, doch dies ist der Autorin vorzüglich gelungen.
Man wird schon zu Beginn zu einem Teil der Familie Hayes und fiebert mit. Man leidet, lacht und hat das Gefühl selbst mit Rabbit befreundet zu sein. Die Aussicht auf ihren Tod nimmt einen so das ganze Buch über mit.
Anna McPartlin erzählt Rabbits Geschichte mit vielen liebevoll gezeichneten Charakteren, die alle ihre Stärken, sowie ihre Schwächen haben. Besonders hervorheben möchte ich hier Rabbits 12-Jährige Tochter Juliet, die in ihren jungen Jahren schon so viel mitmachen musste und doch niemals daran zerbrochen, sondern eher gestärkt daraus hervorgegangen ist. Für ihr Alter ist sie unglaublich reif, aber dennoch natürlich immens verletzlich. Ich musste oft weinen, wenn die Erzählung aus ihrer Sicht weiter ging, denn es ging mir sehr zu Herzen:

»Alles wird gut. Kyle ist nur ein dummer Junge. Er hat keine Ahnung. Bitte, werde wieder gesund, Ma. Bitte, bitte, verlass mich nicht. Ich bessere mich. Versprochen. Ich kümmere mich darum, dass dir nie wieder etwas Schlimmes passiert. Ich verspreche es. Ich schwöre es. Bitte, bitte, bleib bei mir!«
Zitat aus: "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" -Juliet-

Die Gedanken der einzelnen Protagonisten, hier Juliet, werden in kursiver Schrift hervorgehoben und in der Ich-Form erzählt. So bekommt man sämtliche Emotionen mit aller Macht am eigenen Leib zu spüren und zwar von jedem einzelnen Charakter.
Ich musste das Buch häufiger mal zur Seite legen, weil ich durch meinen Tränenschleier schlicht nichts mehr sehen konnte. Hatte ich mich gerade wieder beruhigt und über eine Stelle gelacht, in der Molly, Rabbits Mutter, mal wieder in ein Fettnäpfchen getreten war, wird auf der nächsten Seite erzählt, wie schlecht Jack, Rabbits Vater mit der Situation umgehen kann. Seine Verzweiflung hat mich mürbe gemacht. Ich hätte ihn, so wie alle anderen Charaktere so gern getröstet, aber selbst, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte - Ich hätte nicht die richtigen Worte gefunden.
"Die letzten Tage der Rabbit Hayes" ist ein Buch, welches den Leser sehr mitnimmt. Ich selbst habe eine Achterbahnfahrt der Gefühle hinter mir, bei der es wirklich heftig zur Sache ging. Zwar ist im gesamten Buch auch immer mal wieder eine Szene, in der man aus dem Schmunzeln nicht mehr raus kommt, doch diese werden grundsätzlich von der bedrückenden Stimmung von dem nahen Tod der Protagonistin überschattet. Sie schwebte quasi wie ein Damoklesschwert ständig über den einzelnen Charakteren und auch über mir selbst.
Was mir sehr gut gefallen hat ist, dass immer mal wieder in der Zeit gesprungen wird. So erfahren wir von Rabbits Jugendliebe Johnny und noch vieles mehr, was die Geschwister in ihrer Jugend so getrieben haben. Man merkt, wie nah sich die Familie steht, wie sie in dieser Situation zusammenhalten und wie sie sich gegenseitig Trost spenden.
Das Buch ist aus dem Leben gegriffen. Es wirkte auf mich äußerst realistisch und ist voller positiver und negativer Emotionen. Ich habe bis zuletzt auf das Wunder gehofft und war am Ende in Tränen aufgelöst. Ob ich allerdings wegen dem doch noch eintretenden Wunder geweint habe, oder weil es kein Happy End gab, das möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten.
Mich hat schon lange kein Buch mehr so berührt, wie es die Geschichte von Rabbit Hayes zweifellos getan hat.

»"Wenn ich mir von allen Müttern auf der Welt eine hätte aussuchen dürfen, hätte ich dich ausgesucht. Du warst unglaublich. Du bist unglaublich."
Beiden strömten Tränen über die Wangen.
"Du bist das Beste, das mir je passiert ist, Juliet Hayes." [...]
"Ich weiß, Ma", sagte Juliet und tupfte ihr mit einem Taschentuch die Tränen weg.«

Zitat aus: "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" -Juliet-

In Kürze:
Positiv
Der Schreibstil ist sehr flott. Man fliegt förmlich durch die Geschichte.
Emotionen werden hier groß geschrieben und
diese kommen auch mit voller Wucht beim Leser an.
Liebeswerte Charaktere, die allesamt genug Farbe abbekommen haben.
Ich konnte mich mit jedem einzelnen sehr gut identifizieren.
Erzählerwechsel, die einem die ganzen Personen sehr nahe bringen.
Taschentuchalarm.
Die gesamte Geschichte wirkt authentisch und aus dem Leben gegriffen.
Einmal angefangen, möchte man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Negativ 
Nix.

Fazit:
"Die letzten Tage von Rabbit Hayes" ist ein aus dem Leben gegriffenes Buch, welches einem eine Achterbahnfahrt der Gefühle beschert. Der Autorin ist es gelungen dieses doch sensible Thema mit sehr viel Liebe umzusetzen und bringt einem die Charaktere so nah, dass man das Gefühl hat, selbst ein Teil der Familie Hayes zu sein, die gemeinsam um das Leben von Rabbit kämpft.
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